Auskunftsrechte
Journalist erhält weiterhin keinen Zugriff auf ungeschwärzte BND-Akte zu Adolf Eichmann
Die ganze Wahrheit der Akte Adolf Eichmann könnte in der politisch instabilen Region bzw. Argentinien für zu viel Wirbel sorgen, so das Bundesverwaltungsgericht.
Das Bundesverwaltungsgericht lehnt weiterhin ab, einem Journalisten die ungeschwärzte Akte des Bundesnachrichtendienstes über den Nazi-Massenmörder Adolf Eichmann auszuhändigen. Begründung: Dem Journalisten sei 2012 schon in einem vorherigen Verfahren beschieden worden, dass er kein Recht auf die volle Akte habe. Da er im jetzt entschiedenen Fall keine neuen Gründe vorgetragen habe, könne er kein anderes Urteil erhalten, so das Gericht.
Im vorherigen Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hatte der Fachsenat unter anderem ausgeführt, dass die komplette Offenlegung der Akte auch heute noch in "politisch instabilen Regionen" für Wirbel sorgen und damit das Verhältnis des betroffenen Staates zur Bundesrepublik Deutschland gefährden könnte. Erst 2010 habe die fragliche "ausländische Stelle" (mutmaßlich der argentinische Geheimdienst) dem BND bestätigt, dass eine Geheimhaltung bestimmter Informationen weiterhin erforderlich sei. Der entsprechende Sperrvermerk des Bundeskanzleramts sei daher nachvollziehbar, urteilte der Fachsenat im Jahr 2012.
Der argentinische Historiker Uki Goni hatte bereits vor einigen Jahren in dem Werk "Die Akte Odessa" zahlreiche Verbindungen zwischen deutschen und argentinischen Geheimdiensten dargestellt und die Existenz einer regulären Fluchtlinie von Nazi-Verantwortlichen aus Europa nach Südamerika nachgewiesen. Aus Gonis Darstellung geht hervor, dass auch in Argentinien kein Interesse an der archivmäßige Aufarbeitung der Tätigkeit der Einwanderungsbehörde bestand und immer wieder versucht wurde, seine Recherchen zu behindern, vermutlich, weil noch einige der damals Verantwortlichen noch am Leben waren oder mit ihnen Verbundene oder Verwandte die Vorgänge verschleiern wollten.
Unter Zugrundelegung dieser Ansicht erscheint das Urteil des Bundesverwaltungsgericht, wie mit bitterer Ironie konstatiert werden muss, so gesehen sehr "nachvollziehbar". Die Frage stellt sich nur, ob ein solcher "Wirbel" nicht auch eine säubernde Funktion hätte haben können - aus Sicht von Bundeskanzleramt und Bundesverwaltungsgerichts offensichtlich nicht.
Die israelische Regierung hatte in der Vergangenheit Teile der Akte Eichmann publiziert. Diese Teile wurden (nur) deswegen im auch vom Bundeskanzleramt freigegeben. Geklagt hatte ein Journalist der "BILD"-Zeitung.
Michael Hirschler, hir@djv.de
BVerwG 7 A 15.10 vom 27. Juni 2013
BVerwG 20 F 1.11 vom 10. Januar 2012