Mitglied werden
Login Logout Mitglied werden
Warenkorb

Auskunftsrechte

Journalist erhält weiterhin keinen Zugriff auf ungeschwärzte BND-Akte zu Adolf Eichmann

28.06.2013

Die ganze Wahrheit der Akte Adolf Eichmann könnte in der politisch instabilen Region bzw. Argentinien für zu viel Wirbel sorgen, so das Bundesverwaltungsgericht.


Das Bundesverwaltungsgericht lehnt weiterhin ab, einem Journalisten die ungeschwärzte Akte des Bundesnachrichtendienstes über den Nazi-Massenmörder Adolf Eichmann auszuhändigen. Begründung: Dem Journalisten sei 2012 schon in einem vorherigen Verfahren beschieden worden, dass er kein Recht auf die volle Akte habe. Da er im jetzt entschiedenen Fall keine neuen Gründe vorgetragen habe, könne er kein anderes Urteil erhalten, so das Gericht.

Im vorherigen Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hatte der Fachsenat unter anderem ausgeführt, dass die komplette Offenlegung der Akte auch heute noch in "politisch instabilen Regionen" für Wirbel sorgen und damit das Verhältnis des betroffenen Staates zur Bundesrepublik Deutschland gefährden könnte. Erst 2010 habe die fragliche "ausländische Stelle" (mutmaßlich der argentinische Geheimdienst) dem BND bestätigt, dass eine Geheimhaltung bestimmter Informationen weiterhin erforderlich sei. Der entsprechende Sperrvermerk des Bundeskanzleramts sei daher nachvollziehbar, urteilte der Fachsenat im Jahr 2012.

Der argentinische Historiker Uki Goni hatte bereits vor einigen Jahren in dem Werk "Die Akte Odessa" zahlreiche Verbindungen zwischen deutschen und argentinischen Geheimdiensten dargestellt und die Existenz einer regulären Fluchtlinie von Nazi-Verantwortlichen aus Europa nach Südamerika nachgewiesen. Aus Gonis Darstellung geht hervor, dass auch in Argentinien kein Interesse an der archivmäßige Aufarbeitung der Tätigkeit der Einwanderungsbehörde bestand und immer wieder versucht wurde, seine Recherchen zu behindern, vermutlich, weil noch einige der damals Verantwortlichen noch am Leben waren oder mit ihnen Verbundene oder Verwandte die Vorgänge verschleiern wollten.

Unter Zugrundelegung dieser Ansicht erscheint das Urteil des Bundesverwaltungsgericht, wie mit bitterer Ironie konstatiert werden muss, so gesehen sehr "nachvollziehbar". Die Frage stellt sich nur, ob ein solcher "Wirbel" nicht auch eine säubernde Funktion hätte haben können - aus Sicht von Bundeskanzleramt und Bundesverwaltungsgerichts offensichtlich nicht.

Die israelische Regierung hatte in der Vergangenheit Teile der Akte Eichmann publiziert. Diese Teile wurden (nur) deswegen im auch vom Bundeskanzleramt freigegeben. Geklagt hatte ein Journalist der "BILD"-Zeitung.


Michael Hirschler, hir@djv.de


BVerwG 7 A 15.10 vom 27. Juni 2013
BVerwG 20 F 1.11 vom 10. Januar 2012

Die letzten vier Meldungen der DJV-Startseite Auskunftsrechte

Weitere Artikel im DJV-Blog

Charlotte Merz
Charlotte Merz

15.05.2024

Die Richterin und das Grundrecht Pressefreiheit

Mit ihrem resoluten Vorgehen gegen einen ZDF-Reporter offenbart Richterin Charlotte Merz ein fragwürdiges Verhältnis zum Grundrecht der Pressefreiheit.

Mehr
STREIK BEIM WDR
STREIK BEIM WDR

07.05.2024

Gier auf Kosten der Freien

Dass Medienunternehmen in Tarifverhandlungen knauserig sind, ist nicht neu. Dass manche von ihnen erst durch Arbeitskämpfe zu besseren Angeboten zu bewegen sind, auch nicht. Dass aber die Honorare der …

Mehr
RAI
RAI

06.05.2024

Legt die Arbeit nieder

Beim italienischen Fernsehsender RAI wird heute gestreikt. Nicht für mehr Geld oder neue Tarifverträge, sondern gegen die Einmischungen der Regierung in die Programminhalte.

Mehr
ITALIEN
ITALIEN

26.04.2024

Hände weg von der RAI

Die Versuche der politischen Einflussnahme durch die Regierung Meloni auf den Rundfunksender RAI nehmen zu. Anfang Mai soll es deshalb einen Streik geben.

Mehr
MEDIENKRITIK
MEDIENKRITIK

25.04.2024

Til Schweiger überzieht

Im Interview mit der Zeit übt Schauspieler und Regisseur Til Schweiger heftige Kritik an einigen Medien. Das kann nach der Berichterstattung über ihn nicht verwundern. Aber bei Kritik belässt er es ni …

Mehr
WDR-RUNDFUNKRAT
WDR-RUNDFUNKRAT

24.04.2024

Zeichen gesetzt

Der Rundfunkrat des Westdeutschen Rundfunks fordert von dem Sender rechtliche Schritte, wenn die Erhöhung des Rundfunkbeitrags von der Politik nicht zügig beschlossen wird.

Mehr
JOURNALISTEN
JOURNALISTEN

22.04.2024

Wir sind kein Klischee

Warum nur geraten Journalisten im Spielfilm so gnadenlos daneben? Weil die Drehbuchschreiber keine Ahnung vom Journalismus haben? Oder weil sich das Klischee besser verkauft als die Wirklichkeit?

Mehr
URLAUBSENTGELT
URLAUBSENTGELT

19.04.2024

Freie, aufgepasst!

Freie beim Deutschlandradio haben Anspruch darauf, dass Wiederholungshonorare für die Berechnung des Urlaubsentgelts berücksichtigt werden. Das entschied das Bundesarbeitsgericht in einem Grundsatzurt …

Mehr
TARIFKONFLIKT
TARIFKONFLIKT

17.04.2024

Hoch zu Ross

750 Beschäftigte des Westdeutschen Rundfunks hatten gestern die Nase voll und beteiligten sich am Warnstreik der Gewerkschaften. Bestätigt wurden sie von den Verhandlern der Gegenseite.

Mehr
PROSIEBENSAT.1
PROSIEBENSAT.1

16.04.2024

Berlusconi ante portas

Droht der Fernsehkonzern ProSiebenSat.1 von Hauptaktionär Media for Europe übernommen zu werden? Die Medienaufsicht sollte ihren Blick schärfen.

Mehr
FERNSEHNACHRICHTEN
FERNSEHNACHRICHTEN

15.04.2024

Angekündigte Katastrophe

Mehrere Stunden lang flogen iranische Drohnen Richtung Israel. Stunden, in denen die Öffentlich-Rechtlichen ihr Programm hätten umkrempeln können. Doch bis zu Sondersendungen in ARD und ZDF vergingen  …

Mehr
SWMH
SWMH

11.04.2024

Tröpfchen-Kommunikation

Die Südwestdeutsche Medienholding (SWMH), zu der die Süddeutsche Zeitung gehört, tut sich schwer mit klaren und umfassenden Fakten zum geplanten Stellenabbau bei der SZ.

Mehr
ÜBERGRIFFE
ÜBERGRIFFE

09.04.2024

Nicht mehr so schlimm?

Laut Reporter ohne Grenzen ist die Zahl der Übergriffe auf Journalisten 2023 gegenüber dem Vorjahr stark gesunken. Grund zur Entwarnung? Eher nicht.

Mehr
HÖCKE-INTERVIEWS
HÖCKE-INTERVIEWS

08.04.2024

Mit Präzision begegnen

Wie lassen sich Interviews mit Thüringens AfD-Politiker Björn Höcke führen? Sollten sie überhaupt geführt werden? Damit hat sich die Süddeutsche Zeitung in einem lesenswerten Bericht auseinandergesetz …

Mehr
FÖDERL-SCHMID
FÖDERL-SCHMID

05.04.2024

Hexenjagd geht weiter

Die Universität Salzburg bescheinigt der stellvertretenden SZ-Chefredakteurin Alexandra Föderl-Schmid "kein relevantes wissenschaftliches Fehlverhalten". Sie darf ihren Doktortitel behalten. Das sieht …

Mehr
UPDATE: RUNDFUNK-MANIFEST
UPDATE: RUNDFUNK-MANIFEST

04.04.2024

Nah am Rand

Über das "Manifest für einen neuen öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland" sind die notorischen Medienhasser in den Social Media aus dem Häuschen. Bei aller berechtigten Kritik an den Öffentli …

Mehr
KÖLNER STADT-ANZEIGER
KÖLNER STADT-ANZEIGER

03.04.2024

Vermarkter am Ruder

Die Online-Ausgabe des Kölner Stadt-Anzeigers soll der digitalen Produktentwicklung unterstellt werden und angeblich redaktionell unabhängig bleiben. Zweifel sind angebracht.

Mehr
KÜNSTLICHE INTELLIGENZ
KÜNSTLICHE INTELLIGENZ

28.03.2024

Die Leser sind nicht blöd

Zeitungsleser wollen für Inhalte, die mit KI erzeugt werden, weniger bezahlen. Das ergab eine Umfrage. Eigentlich eine klare Aussage - wären da nicht Marketingexperten, die Morgenluft wittern.

Mehr
VOICES FESTIVAL
VOICES FESTIVAL

27.03.2024

Journalismus trifft Medienkompetenz

Nur wenn Qualitätsjournalismus und Medienkompetenz zusammenspielen, kann eine Zukunft gelingen, in der der Mensch im Mittelpunkt steht, fand DJV-Vorstandsmitglied Ute Korinth in Florenz heraus.

Mehr
TELEGRAM
TELEGRAM

26.03.2024

Schluss mit lustig

Ein spanisches Gericht hat den Messengerdienst Telegram in dem Land abgeschaltet. Grund sind Verstöße gegen das Urheberrecht.

Mehr