Corona
Journalismus ist die beste Arznei
Forscher der Universität Wien haben den Einfluss des Journalismus auf die Desinformation im Netz untersucht. Ihr Fazit: Nur Journalismus hilft gegen die "Infodemie".
Der US-Präsident fragt sich, ob man Desinfektionsmittel gegen Corona spritzen sollte, der Sänger Xavier Naidoo fragt sich, ob es Viren überhaupt gibt, Populisten halten die Krankheit Covid-19 gar für eine Erfindung – es gibt keinen Mangel an kruden Meinungen zur Pandemie. Manche sind einfach nur wirr, manche haben aber gefährliche Auswirkungen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO spricht von einer "Infodemie", einer unkontrollierten Verbreitung von Falschmeldungen und Verschwörungserzählungen. Wissenschaftler forschen derweil noch an einer Arznei, die eine Verbreitung des Virus stoppen kann.
Die Forscher am Institut für Publizistik und Kommunikationswissenschaft der Universität Wien haben nun indes die Wirksamkeit eines Impfstoffs gegen potenziell schädliche Desinformation bestätigt: Journalismus. Journalistinnen und Journalisten tragen mit ihrer Arbeit dazu bei, dass die Bevölkerung weniger anfällig für Lügen und gefälschte Informationen ist. In ihrer Studie haben die Wissenschaftler herausgefunden, dass Menschen, die Qualitätsjournalismus nutzen, besser in der Lage sind, Falschaussagen über Corona zu erkennen, als Menschen, die vor allem Inhalte in sozialen Netzwerken konsumieren. Das ist einerseits Rückenwind für die Arbeit von Journalistinnen und Journalisten, die mit ihrer Arbeit dazu beitragen, dass die Gesellschaft besser in der Lage ist, sich gegen bewusste oder unbewusste Falschnachrichten zu wappnen. Es ist aber auch der Arbeitsauftrag an die Berufsgruppe, sich mit noch mehr Engagement den "neuen" Medien zu widmen. Denn dort ist das Potenzial, das es zu erobern gilt, hier muss die Arznei Journalismus mehr Verbreitung finden, um gegen die schädlichen Auswirkungen von Desinformation wirken zu können. Gerade in Corona-Zeiten muss es für Journalisten heißen: Mehr Social Media wagen!
In den sozialen Netzwerken können sie dazu beitragen, die "Infodemie" zu bekämpfen, bisweilen auch in direkter Interaktion mit Nutzern. Eine lohnende Aufgabe. Denn professioneller Journalismus, so die Wiener Forscher in ihrer Studie, ist ein wichtiges Korrektiv für die sich vor allem in Instant Messaging-Diensten verbreitenden Falschmeldungen. Eine Erkenntnis, die eine wichtige Bestätigung für Journalistinnen und Journalisten in Deutschland ist. Ihre Arbeit ist keinesfalls beendet.
In ihrer Studie kommen die Wissenschaftler zum Schluss, dass die "Infodemie" nicht überwunden ist und sowohl alte als auch neue Medien ihren Beitrag zu ihrer Beitrag leisten müssen. Dort haben Journalistinnen und Journalisten beste Chancen, wenn sie nicht als Besserwisser oder Oberlehrer auftreten, sondern das machen, was sie am besten können – professionell und handwerklich solide durch die Nachrichtenflut navigieren.
Ein Kommentar von Mika Beuster