Schrumpfkur
Journalismus auf dem Rückzug
Die geplanten Stellenstreichungen bei der Sächsischen Zeitung machen den Weg frei für Fake News und rechte Hetze - ausgerechnet kurz vor der Landtagswahl.
Von 147 Journalistinnen und Journalisten sollen bei der mit der Leipziger Volkszeitung fusionierten Sächsischen Zeitung gerade mal noch 90 übrig bleiben. So sieht laut Spiegel der radikale Sparkurs von Madsack-Chef Thomas Düffert aus. Zu den Zahlen äußert sich der Madsack-Chef nicht, spricht nur von einem "mitunter harten und anstrengenden Veränderungspozess". Was das in Schicksalen bedeutet? Die vielen freien Mitarbeiter der "SZ" wüssten noch nicht, wie es für sie weitergeht. Bei Gesprächen seien sie zuletzt "gezielt ausgeladen worden", wird Lars Radau, Geschäftsführer des DJV Sachsen, zitiert.
Das alles ist schon schlimm genug. 57 Journalistenjobs weniger heißt auch 57mal weniger Recherche, Hintergrund, Information, Kommentierung. Kann sich das eine Zeitung leisten? Kann sie eine so starke, auch inhaltliche Schrumpfkur ihren Leserinnen und Lesern zumuten? Nein! Und vor dem Hintergrund der Landtagswahl am 1. September muss man sagen: keinesfalls.
Denn da ist keine Alternative, die das entstehende Loch füllen könnte. Kein journalistisches Zeitungsformat, das in der gebotenen Ausführlichkeit über die Gefahren berichten könnte, die der Demokratie im Freistaat drohen. Mit der Landtagswahl am 1. September ist der politische Trubel nicht vorbei, dann endet nur der Wahlkampf. Die womöglich dramatischen politischen Veränderungen in Sachsen beginnen nach dem Wahltag. Darüber muss informiert werden, das ist ureigenste Aufgabe des Journalismus. Und dafür reicht eine ausgedünnte Redaktion nicht aus.
Ein Kommentar von Hendrik Zörner