Mathias Döpfner
"Intolerante Linke"
Springer-Chef Mathias Döpfner ist seit dem Bericht der Financial Times zur Reichelt-Affäre massiv unter Druck. Wie steht er wirklich zur Pressefreiheit?
Das Grundrecht der Pressefreiheit: die Basis aller journalistischen Arbeit, ja, des ganzen Berufsstands. Und damit auch der Zeitungsverleger. Wenn ihr Gefahr droht, weil der Gesetzgeber mal wieder ein Sicherheitsgesetz verschärfen will, steht der Verlegerverband BDZV Seite an Seite mit uns vom DJV, mit der dju und anderen Organisationen, für die Pressefreiheit existenziell ist. Und wer auch immer als Präsident an der Spitze des Verlegerverbandes steht, setzt sich immer wieder mit flammenden Worten für die Pressefreiheit ein. Das war unter Helmut Heinen, dem Verleger aus dem Rheinland, so, das ist mit Springer-Chef Mathias Döpfner nicht anders. Mit dem feinen Unterschied, dass Döpfner noch kämpferischer für die Pressefreiheit reden kann als sein Vorgänger.
So viel zu den Sonntagsreden. Dass sie zuweilen nicht viel zu tun haben mit der Realität, hat jetzt die Financial Times enthüllt. Ausführlich hat das Blatt die Reichelt-Affäre aufgerollt und dabei nachgewiesen, dass die sexuellen Eskapaden des BILD-Chefredakteurs zum einen früher, zum anderen mehr Springer-Vorstandsmitgliedern bekannt waren, als bisher zugegeben wurde. Und mehr noch: Laut Financial Times soll der Vorstandsvorsitzende des Medienkonzerns eine Liste von Personen in Auftrag gegeben haben, die ausgeforscht werden sollten. Springer und BILD nannte er dem Bericht zufolge als letzte Bastion der Unabhängigen und Regierungskritischen, weshalb sie von einer linken Blase bestraft würden, die sich durch ein hohes Maß an Intoleranz auszeichne.
Für Aufklärung in der Causa Reichelt haben sich damals viele ausgesprochen, auch wir vom DJV. Sind wir deshalb Teil einer linken Blase? Sind wir deshalb intolerant? Und sieht Mathias Döpfner in den BDZV-Verlegern, die über die Vorgänge bei BILD vernehmbar die Köpfe geschüttelt haben, etwa auch verkappte Linke?
Seinen Verlegerkollegen kann er schon bald Rede und Antwort stehen: Am kommenden Montag ist Delegiertenversammlung beim BDZV.
Update vom 10. Februar: Die Springer-Pressestelle teilt mit, die Financial Times sei von ihrer Darstellung abgerückt, Springer-Chef Mathias Döpfner habe eine Liste von Personen in Auftrag gegeben haben, die ausgeforscht werden sollten.
Update vom 11. Februar: Die Funke-Mediengruppe stellt sich gegen Döpfner als BDZV-Präsident: "Bereits im vergangenen Oktober haben wir festgestellt, dass wir die Äußerungen und das Verhalten von Herrn Döpfner dem Amt eines BDZV-Präsidenten für nicht angemessen halten. Die Wirkung auf Journalistinnen und Journalisten und Öffentlichkeit ist fatal." Und weiter: "Die neuesten Berichte über die Vorgänge bei Axel Springer haben uns in unserer Auffassung leider bestärkt. Eine Einordnung von Herrn Döpfner liegt uns auch vier Tage nach der Veröffentlichung des Financial Times-Artikels nicht vor. Um den Verband und die Branche, die er vertritt, zu schützen, halten wir nach wie vor eine Neuaufstellung der ehrenamtlichen Strukturen für unerlässlich."
Ein Kommentar von Hendrik Zörner