Reuters Digital News Report
Internetnutzer sind nachrichtenmüde
Beunruhigende Zahlen: Der Reuters Digital News Report 2022 zeigt, dass viele Internetnutzer in Deutschland das Interesse an Nachrichten im Netz verlieren.
Themenmüdigkeit, das Hervorrufen schlechter Laune und Erschöpfung aufgrund der Vielzahl an Informationen sind laut der Untersuchung, die am 15. Juni vorgestellt wurde, die Hauptgründe für den sinkenden Konsum von aktuellen Nachrichten. Den Teil für Deutschland hat das Leibniz-Institut für Medienforschung | Hans-Bredow-Institut beigesteuert. Demnach interessieren sich nur noch 57 Prozent der erwachsenen Internetnutzenden in Deutschland für Informationen über das aktuelle Geschehen – zehn Prozentpunkte weniger als im Vorjahr. Vor allem in der Gruppe der 18- bis 24-Jährigen ist dieser Rückgang sichtbar, nur noch 31 Prozent davon interessieren sich noch für Nachrichten. Das entspricht einem Minus von 19 Prozentpunkten. 65 Prozent vermeiden sogar zumindest gelegentlich aktiv aktuelle News. Von einem beachtlichen Teil der Befragten wird die Berichterstattung zu Themen wie Politik und Corona als zu viel empfunden. Das ist die am häufigsten genannte Ursache der Nachrichtenvermeidung (47 %).
Ein paar positive Erkenntnisse liefert die Studie aber auch: Nach wie vor werden insgesamt viele Menschen von Nachrichten erreicht: Die wöchentliche Nutzung bleibt auf einem hohen Niveau stabil. Zudem nutzen die meisten Internetuser auch im Netz traditionelle Nachrichtenanbieter. 47 Prozent lesen, schauen oder hören regelmäßig die Inhalte etablierter Nachrichtenseiten. Auch 2022 sind die öffentlich-rechtlichen Hauptnachrichten „Tagesschau“ und „heute“ die Angebote mit den höchsten Vertrauenswerten.
Außerdem zeigt sich ein deutlicher Anstieg derjenigen Internetnutzenden, die 2022 bereit waren, Nachrichtenangebote zu zahlen. 14 Prozent der Befragten geben an, für digitale News Geld ausgegeben zu haben. Das sind immerhin fünf Prozentpunkte mehr als im Vorjahr. Dabei waren Abonnements und Mitgliedschaften die beliebtesten Bezahlmodelle. Am meisten wurden lokale oder regionale Nachrichtenangebote abonniert.
Journalistinnen und Journalisten sowie alle Medienhäuser sollten sich diese Studie genau anschauen. Gerade in Hinblick auf die jungen Zielgruppen und deren Medienkonsum, der sich nun mal hauptsächlich im Internet abspielt, lässt sich dabei viel lernen.
Die Erhebung wurde zwischen dem 14. Januar und dem 10. Februar 2022 durchgeführt. Daher findet der russische Angriffskrieg auf die Ukraine noch keinen Niederschlag in der Untersuchung. Man muss davon ausgehen, dass dann die Zahlen anders ausgesehen hätten. Gerade in den ersten Tagen und Wochen war ein großes Interesse an aktuellen Informationen zu beobachten.
Ein Kommentar von Paul Eschenhagen