Mitglied werden
Login Logout Mitglied werden
Warenkorb

Zeitungsverleger

Hoch zu Ross

25.04.2018

Mehr als 500 streikende Journalisten aus Baden-Württemberg und Bayern kamen gestern in München zu einer Demonstration für faire Tarifverträge zusammen. Mit dabei war der stellvertretende DJV-Bundesvorsitzende Wolfgang Grebenhof. In seiner Rede ging er mit den Zeitungsverlegern ins Gericht:

Ich bin ja relativ neu im Tarifgeschäft. Was ich in den ersten vier Verhandlungsrunden erlebt habe, hat mich schockiert.Wir, die Gewerkschaften, sitzen einer Phalanx aus Arroganz, Überheblichkeit und Verachtung gegenüber. Diese Herren im feinen Zwirn sind keine Tarifpartner, denen es um einen fairen Kompromiss geht. Das sind keine Herausgeber, die - so wie wir - für Journalismus brennen. Das sind eiskalte Geschäftsleute, die außer Profit nichts im Sinn haben. Und die nur ein Ziel vor Augen haben: Am Ende möglichst billig davonzukommen. Ja, beim einen oder anderen mag ich mich tatsächlich irren. Aber die wenigen Ausnahmen, die wenigen Anständigen, die haben im BDZV ganz offensichtlich wenig zu melden.Das Ergebnis sehen wir hier und heute, und wir sehen es nicht nur hier in München – wir sehen es landauf, landab in ganz Deutschland, von Norden bis Süden. Wir haben es schon Anfang April gesehen, wir haben es gestern gesehen, wir werden es morgen sehen, und wenn nötig  werden wir es übermorgen und überübermorgen wieder sehen: Viele, viele hundert Redakteurinnen und Redakteure, denen die Geringschätzung ihrer Arbeitgeber zum Hals heraushängt. Die es leid sind, sich Tag für Tag in ausgedünnten Redaktionen den Arsch aufzureißen, um sich zum Dank dafür als lästige Kostenfaktoren hinstellen zu lassen.Die große Streikbereitschaft zeigt: Die von den Verlegern ausgebrachte Saat geht auf – aber anders als von ihnen erwartet. Geiz, Überheblichkeit und mangelnde Wertschätzung sind der Dünger, auf dem unser Arbeitskampf gedeiht. Wir alle haben jahrelang stillgehalten und Verzicht geübt, um die Zeitungsbranche in schwierigen Zeiten des digitalen Wandels zu unterstützen. Gedankt hat uns das niemand. Die Verlage haben weiß Gott lange genug Zeit gehabt, um sich neue Geschäftsmodelle zu erarbeiten. Aber die meisten Verleger waren miserable Unternehmer. Denn sie haben nichts unternommen, außer ihren einstigen Traumrenditen hinterherzuweinen.Wie Dagobert Duck saßen sie in ihren Geldspeichern und lamentierten über den sinkenden Pegelstand, während draußen andere mit Erfolg Internet-Verkaufsplattformen, Online-Anzeigenmärkte und vieles mehr aus dem Hut gezaubert haben. Und die Dagoberts reiben sich bis heute verdattert die tränenfeuchten Augen, wie so etwas bloß passieren konnte.Ausbaden sollen dieses Versagen wir. Wir sollen auf Gehalt verzichten, damit die Verlage in die Digitalisierung investieren können. Auf Deutsch: Wir sollen den Verlegern neue Produktionsmittel, neue Geschäftsmodelle finanzieren. Sie wollen allen Ernstes ihr unternehmerisches Risiko auf die Belegschaften abwälzen! Investitionen aus unseren Taschen – aber die Gewinne streichen dann sie ein. Tolle Idee!Meine Herren vom BDZV, da werden wir nicht mitmachen. Eure Geldspeicher sind noch immer gut gefüllt, und Zeitung ist noch immer ein sehr rentables Geschäft mit Umsatzrenditen, von denen viele andere Branchen nur träumen können. Ihr mögt Euch hinter dem Tendenzschutz verschanzen, aber wir wissen ganz gut, wie es hinter dieser Sichtbarriere aussieht. Also hört auf, uns die Ohren vollzujammern über sinkende Erlöse und ach so schlechte Zeiten. Tarifverhandlungen sind keine Märchenstunde! Wir nehmen Euch die Geschichte vom armen Verlegerlein nicht ab! Mein Appell für die fünfte Tarifrunde lautet: Führt Euch endlich auf wie anständige Arbeitgeber! Werdet Euch endlich Eurer Verantwortung für diesen Beruf bewusst! Und kommt verdammt nochmal herunter von Eurem hohen Ross!
Eine Rede von Wolfgang Grebenhof

Tageszeitungen Tarif TVTZ18 Tageszeitungen Streik DJV-Blog

Weitere Artikel im DJV-Blog

Charlotte Merz
Charlotte Merz

15.05.2024

Die Richterin und das Grundrecht Pressefreiheit

Mit ihrem resoluten Vorgehen gegen einen ZDF-Reporter offenbart Richterin Charlotte Merz ein fragwürdiges Verhältnis zum Grundrecht der Pressefreiheit.

Mehr
STREIK BEIM WDR
STREIK BEIM WDR

07.05.2024

Gier auf Kosten der Freien

Dass Medienunternehmen in Tarifverhandlungen knauserig sind, ist nicht neu. Dass manche von ihnen erst durch Arbeitskämpfe zu besseren Angeboten zu bewegen sind, auch nicht. Dass aber die Honorare der …

Mehr
RAI
RAI

06.05.2024

Legt die Arbeit nieder

Beim italienischen Fernsehsender RAI wird heute gestreikt. Nicht für mehr Geld oder neue Tarifverträge, sondern gegen die Einmischungen der Regierung in die Programminhalte.

Mehr
ITALIEN
ITALIEN

26.04.2024

Hände weg von der RAI

Die Versuche der politischen Einflussnahme durch die Regierung Meloni auf den Rundfunksender RAI nehmen zu. Anfang Mai soll es deshalb einen Streik geben.

Mehr
MEDIENKRITIK
MEDIENKRITIK

25.04.2024

Til Schweiger überzieht

Im Interview mit der Zeit übt Schauspieler und Regisseur Til Schweiger heftige Kritik an einigen Medien. Das kann nach der Berichterstattung über ihn nicht verwundern. Aber bei Kritik belässt er es ni …

Mehr
WDR-RUNDFUNKRAT
WDR-RUNDFUNKRAT

24.04.2024

Zeichen gesetzt

Der Rundfunkrat des Westdeutschen Rundfunks fordert von dem Sender rechtliche Schritte, wenn die Erhöhung des Rundfunkbeitrags von der Politik nicht zügig beschlossen wird.

Mehr
JOURNALISTEN
JOURNALISTEN

22.04.2024

Wir sind kein Klischee

Warum nur geraten Journalisten im Spielfilm so gnadenlos daneben? Weil die Drehbuchschreiber keine Ahnung vom Journalismus haben? Oder weil sich das Klischee besser verkauft als die Wirklichkeit?

Mehr
URLAUBSENTGELT
URLAUBSENTGELT

19.04.2024

Freie, aufgepasst!

Freie beim Deutschlandradio haben Anspruch darauf, dass Wiederholungshonorare für die Berechnung des Urlaubsentgelts berücksichtigt werden. Das entschied das Bundesarbeitsgericht in einem Grundsatzurt …

Mehr
TARIFKONFLIKT
TARIFKONFLIKT

17.04.2024

Hoch zu Ross

750 Beschäftigte des Westdeutschen Rundfunks hatten gestern die Nase voll und beteiligten sich am Warnstreik der Gewerkschaften. Bestätigt wurden sie von den Verhandlern der Gegenseite.

Mehr
PROSIEBENSAT.1
PROSIEBENSAT.1

16.04.2024

Berlusconi ante portas

Droht der Fernsehkonzern ProSiebenSat.1 von Hauptaktionär Media for Europe übernommen zu werden? Die Medienaufsicht sollte ihren Blick schärfen.

Mehr
FERNSEHNACHRICHTEN
FERNSEHNACHRICHTEN

15.04.2024

Angekündigte Katastrophe

Mehrere Stunden lang flogen iranische Drohnen Richtung Israel. Stunden, in denen die Öffentlich-Rechtlichen ihr Programm hätten umkrempeln können. Doch bis zu Sondersendungen in ARD und ZDF vergingen  …

Mehr
SWMH
SWMH

11.04.2024

Tröpfchen-Kommunikation

Die Südwestdeutsche Medienholding (SWMH), zu der die Süddeutsche Zeitung gehört, tut sich schwer mit klaren und umfassenden Fakten zum geplanten Stellenabbau bei der SZ.

Mehr
ÜBERGRIFFE
ÜBERGRIFFE

09.04.2024

Nicht mehr so schlimm?

Laut Reporter ohne Grenzen ist die Zahl der Übergriffe auf Journalisten 2023 gegenüber dem Vorjahr stark gesunken. Grund zur Entwarnung? Eher nicht.

Mehr
HÖCKE-INTERVIEWS
HÖCKE-INTERVIEWS

08.04.2024

Mit Präzision begegnen

Wie lassen sich Interviews mit Thüringens AfD-Politiker Björn Höcke führen? Sollten sie überhaupt geführt werden? Damit hat sich die Süddeutsche Zeitung in einem lesenswerten Bericht auseinandergesetz …

Mehr
FÖDERL-SCHMID
FÖDERL-SCHMID

05.04.2024

Hexenjagd geht weiter

Die Universität Salzburg bescheinigt der stellvertretenden SZ-Chefredakteurin Alexandra Föderl-Schmid "kein relevantes wissenschaftliches Fehlverhalten". Sie darf ihren Doktortitel behalten. Das sieht …

Mehr
UPDATE: RUNDFUNK-MANIFEST
UPDATE: RUNDFUNK-MANIFEST

04.04.2024

Nah am Rand

Über das "Manifest für einen neuen öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland" sind die notorischen Medienhasser in den Social Media aus dem Häuschen. Bei aller berechtigten Kritik an den Öffentli …

Mehr
KÖLNER STADT-ANZEIGER
KÖLNER STADT-ANZEIGER

03.04.2024

Vermarkter am Ruder

Die Online-Ausgabe des Kölner Stadt-Anzeigers soll der digitalen Produktentwicklung unterstellt werden und angeblich redaktionell unabhängig bleiben. Zweifel sind angebracht.

Mehr
KÜNSTLICHE INTELLIGENZ
KÜNSTLICHE INTELLIGENZ

28.03.2024

Die Leser sind nicht blöd

Zeitungsleser wollen für Inhalte, die mit KI erzeugt werden, weniger bezahlen. Das ergab eine Umfrage. Eigentlich eine klare Aussage - wären da nicht Marketingexperten, die Morgenluft wittern.

Mehr
VOICES FESTIVAL
VOICES FESTIVAL

27.03.2024

Journalismus trifft Medienkompetenz

Nur wenn Qualitätsjournalismus und Medienkompetenz zusammenspielen, kann eine Zukunft gelingen, in der der Mensch im Mittelpunkt steht, fand DJV-Vorstandsmitglied Ute Korinth in Florenz heraus.

Mehr
TELEGRAM
TELEGRAM

26.03.2024

Schluss mit lustig

Ein spanisches Gericht hat den Messengerdienst Telegram in dem Land abgeschaltet. Grund sind Verstöße gegen das Urheberrecht.

Mehr