Gekaufte Interviews
Hat Scholz das nötig?
Die taz fand heraus, dass das Bundespresseamt der ProSieben-Moderatorin Linda Zervakis für das Interview mit dem Kanzler auf der Digitalmesse Republica im vergangenen Herbst mehr als 1.100 Euro gezahlt hat. Hat Olaf Scholz das nötig?
Die taz wollte es ganz genau wissen. Ist Geld geflossen? Wieviel? Warum? Mit ihren Fragen stieß das Blatt auf taube Ohren. Das Bundespresseamt mauerte ebenso wie Kanzler-Interviewerin Linda Zervakis. Das Blatt zog vor das Verwaltungsgericht und bekam vom Bundespresseamt Antwort, bevor ein Urteil gefällt werden konnte. Ja, Linda Zervakis wurde engagiert. Und ebenfalls ja: Sie erhielt 1.130,50 Euro als Kostenpauschale.
Gegen eine Veröffentlichung wollte Zervakis zunächst juristisch vorgehen, überlegte es sich aber anders. Und jetzt rätselt die taz, für welche Kosten eine so hohe Pauschale angefallen sein kann und ob es nicht eher doch ein Honorar war.
Jenseits der Zahlen stellt sich die Frage, weshalb die Behörde von Regierungssprecher Steffen Hebestreit überhaupt eine Moderatorin gegen Bezahlung zum Interview verpflichtet hat. In der Hauptstadt würden sich auf einen Schlag hunderte Journalisten die Finger danach lecken, den Kanzler interviewen zu dürfen. Sollten womöglich kritische Fragen zur Digitalpolitik der Bundesregierung vermieden werden? Wollte Olaf Scholz inmitten von Nerds und IT-Experten kritische Fragen von vornherein ausgeschlossen wissen?
Der Fall zeigt glasklar auf, dass solche "Arrangements" zum Scheitern verurteilt sind, wenn sie bekannt werden. Und dass sie bekannt werden, gilt in der Hauptstadt fast als sicher. Also, liebes Bundespresseamt: Hände weg von gekauften Interviews!
Ein Kommentar von Hendrik Zörner