Berliner Zeitung
Halten sie sich raus, Herr Friedrich!
Die "Zeit" berichtet über wiederholte Einflussnahmen des Verlegers Holger Friedrich auf die Inhalte seiner Berliner Zeitung. Das geht so nicht.
Es ist gerade mal einen Monat her, dass Alexander Osang im Spiegel den Verleger der Berliner Zeitung Holger Friedrich ausführlichst porträtierte. Wer Osangs Geschichte gelesen hat, kann sich eigentlich nicht wundern über das, was jetzt die "Zeit" berichtet: Holger Friedrich soll sich immer wieder in die Berichterstattung und die Themenplanung der Redaktion einmischen. In der Praxis soll das so aussehen, dass Friedrich Themenwünsche an die Redaktion schickt, an Planungsrunden teilnimmt. Klar ist inzwischen auch, dass der Bericht über den Börsengang der Biotech-Firma Centogene, in deren Aufsichtsrat Friedrich sitzt, auf seine direkte Initiative zurückging: "Macht was Kleines und sehr Feines draus!", lautete seine "Empfehlung" an die Redaktion. Nach Erscheinen kassierte die Berliner Zeitung eine Rüge des Pressrats für das "Kleine und Feine".
Die Redaktion ist derzeit führungslos und daher der Einflussnahme des Verlegers ausgeliefert. Heißt im Klartext: Redakteure, denen Friedrichs Ratschläge nicht passen, müssen den Mumm haben, ihm das offen zu sagen - mit offenem Ausgang.
Dass von dem Medienneuling Holger Friedrich kein verlegerisches Feingespür zu erwarten ist, liegt auf der Hand. Deshalb muss er aber noch lange nicht wie ein Elefant im Porzellanladen durch seine Zeitung trampeln. Denn die Gefahr ist groß, dass dabei mehr als nur ein paar Tassen kaputt geht.
Ein Kommentar von Hendrik Zörner