Verfassungsgericht
Gleichbehandlung beschlossen
Das Bundesverfassungsgericht nimmt Abschied von seiner Praxis der Vorabinformation einzelner Medien über anstehende Entscheidungen. Der Grundsatz "Gleiches Recht für alle" bestimmt jetzt auch die Pressearbeit in Karlsruhe.
Seit Jahrzehnten war es üblich, dass sich einzelne Journalisten am Vorabend wichtige Entscheidungen beim Pförtner des Bundesverfassungsgerichts aushändigen lassen konnten. Bis zur Urteilsverkündung am nächsten Morgen hatten sie Gelegenheit, sich mit dem Thema vertraut zu machen und auch schon ihre Berichte zu schreiben. Wenn die Richter dann ihre Entscheidung verlasen, brauchten die vorab informierten Journalisten nur noch auf den Knopf zu drücken. Stressfreies Arbeiten, von dem Berichterstatter ansonsten nur träumen können.
Damit ist nun Schluss. Denn gegen die Vorabinformationen opponierten Journalisten des Tagesspiegel und der BILD. Sie forderten vom Bundesverfassungsgericht Gleichbehandlung aller akkreditierten Berichterstatter. Gegen den eingeforderten Gleichbehandlungsgrundsatz gab es nicht allzu stichhaltige Gründe. Nun hat das Karlsruher Gericht beschlossen, "die in den Richtlinien über die Bekanntgabe von Pressemitteilungen aus dem Jahr 2013 niedergelegte Vorabinformationspraxis im 2. und 3. Quartal 2023 nicht anzuwenden", wie es auf der Webseite heißt. Unwahrscheinlich, dass es nur beim zweiten und dritten Quartal bleibt.
Aber Karlsruhe kehrt nicht zur alten Informationspraxis zurück, sondern veröffentlicht freitags einen Wochenausblick. Darüber hinaus enthalten Pressemitteilungen des Gerichts nun regelmäßig eine Einleitung, die die Funktion hat, "wesentliche Informationen zu der ergangenen Entscheidung zusammenzufassen", wie es heißt.
Ob das ein Vorteil für die Berichterstatter ist, wird die Praxis zeigen. Aber in der Theorie liest es sich zumindest schon mal gut.
Ein Kommentar von Hendrik Zörner