Corona-Demos
Gewalt ein Ende bereiten
Gegen eine eingebildete Corona-Diktatur, gegen eine angeblich gefährliche Impfung: Am Montagabend sind in vielen Orten in Deutschland Menschen auf die Straße gegangen. Unter selbsternannte Querdenker und Impfgegner mischten sich erneut Rechtsextreme und Gewaltbereite. Und erneut sind Journalist:innen bei ihrer Arbeit behindert, bedroht und angegriffen worden. Die Polizei schützt dabei nicht immer entschlossen die Kolleg:innen vor Ort. Die neue Bundesregierung muss rasch handeln: Journalist:innen müssen besser geschützt werden.
Ein Journalist im mittelhessischen Wetzlar berichtet, dass ihm die Kamera weggeschlagen wird, wie er zu Boden getreten wird, wie die Polizei nicht einschreitet. In Zittau brüllen 400 Menschen "Widerstand, Widerstand" - offenbar sind nur acht Polizist:innen vor Ort. Schlaglichter eines Montagabends, der wieder vor Augen führt, welches Radikalisierungspotenzial sich hinter der Impfgegner-Szene verbirgt und wie unausgegoren noch immer die Antworten der Sicherheitsbehörden sind. Dabei handelt es sich nicht um Einzelfälle. Experten verzeichneten 2020 so viele Angriffe auf Journalist:innen in Deutschland wie nie zuvor, einen Großteil davon bei pandemiebezogenen Demonstrationen. Journalist:innen werden auch abseits der Kundgebungen beschimpft, bedroht, es gibt Einschüchterungsversuche.
Es wirkt fast so, als ob erst Impfgegner in Sachsen mit Fackeln vor die Privathäuser von Regierungsmitgliedern ziehen mussten, bevor Bewegung in die Politik kommt und sie den Ernst der Bedrohung erkennt. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) weist mittlerweile zurecht auf den weitestgehend unkontrollierten und unkontrollierbaren Brutreaktor für Verschwörungsmythen und Gewaltaufrufe hin - das soziale Netzwerk Telegram. Konkrete und umsetzbare Lösungsansätze werden derweil bisweilen kaum genannt.
Der Deutsche Journalisten-Verband hatte während der Koalitionsverhandlungen von SPD, Grünen und FDP gefordert, Journalist:innen besser zu schützen. In der Tat findet sich dazu ein Bekenntnis im Koalitionsvertrag. Auf Seite 124 schreiben die Regierungsparteien dort fest, dass sie sich für einen besseren Schutz der Kolleg:innen einsetzen werden, dass sie Hassrede und Desinformation bekämpfen wollen. Richtig so. Dass Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sich dazu bekennt, dass ein "klares Zeichen" gesetzt werden müsse gegen jene, die als "sogenannte Querdenker und Coronaleugner Menschen jetzt bedrohen", sind die richtigen Worte. Den richtigen Worten müssen nun möglichst rasch auch die richtigen Taten folgen. Wir haben keine Zeit mehr.
Ein Kommentar von Mika Beuster