Sachsen
Gepackte Koffer
Schmähung: Mit Pegida ging's los. Foto: WWU/Julia Nüllen
Ein Journalist aus Sachsen schildert im Interview mit der FAZ, wie es ihm und vielen anderen Menschen mit dem Anwachsen rechtsextremer Kräfte in Sachsen geht. Ein erschütterndes Stück Zeitgeschichte.
Alexander Schneider heißt der Journalist, der seit 30 Jahren im Beruf ist und der Frankfurter Allgemeinen Zeitung schnörkellos beantwortet hat, was der Anstieg rechtsextremer Kräfte und das hohe Abschneiden der AfD bei der Europawahl mit ihm machen. "Man musste mit solchen Zahlen rechnen. Als ich es dann so gesehen habe, da wurde einem wirklich anders." Schneider ist nicht naiv, hat mitbekommen und reflektiert, wie Journalisten und Medien mit Beginn der Pegida-Bewegung zu Feindbildern wurden: "Wir Journalisten werden nun als verlängerter Arm der Regierung und als Staatsmedien und sonst irgendwas verunglimpft. Pegida hat eine unerwartete, aber erfolgreiche Mobilisierung geschafft." Das wirkt sich heute so aus: "Es wird auf die Medien geschimpft, die öffentlich-rechtlichen Medien sind gemeint, aber wir werden alle in einen Topf gehauen. Wenn man versucht, zu ergründen, was die Menschen stört, kommt – nichts. Am Ende sind es die klassischen Geschichten: Da geht es ums Gendern, um Flüchtlinge, um Gewalt von Ausländern. Da kann man sich aus einem ganzen Set aussuchen, warum man unzufrieden ist."
Zu den Übergriffen auf Medienschaffende sagt Schneider: "Ich persönlich habe auch solche Geschichten erlebt. Selten, aber das reicht. Ich kenne Kollegen, die Opfer von Körperverletzungen geworden sind." Mit Blick auf die bevorstehende Landtagswahl spricht er von Menschen in den Ministerien, die auf gepackten Koffern sitzen. Und er als Journalist? "Man muss da mit allem rechnen. Aber im Moment fehlt mir die Phantasie."
Zwei Monate vor den Landtagswahlen im Osten so etwas zu lesen tut weh. Wenn Journalistinnen und Journalisten mit einem flauen Gefühl im Magen ihren Job machen, wenn sie Angst davor haben, dass sich ihre Heimat in eine Verbotszone für kritische Journalisten verwandelt, müssen bei allen Demokraten die Alarmglocken läuten - nicht nur im Osten, sondern in ganz Deutschland.
Wenn Alexander Schneider Koffer packen will, dann bitte nur für den Urlaub!
Ein Kommentar von Hendrik Zörner