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Entgelttransparenzgesetz

Gender Pay Gap – (k)ein Thema im Journalismus?

09.01.2018

Experten zufolge wird das neue Gesetz gegen Lohndiskriminierung seinem Anspruch nicht gerecht. Weitere Maßnahmen sind demnach überfällig.

Seit dem 6. Januar haben alle Beschäftigten nach dem 2018 in Kraft getretenen Entgelttransparenzgesetz einen Anspruch darauf zu erfahren, wo sie innerhalb der Lohnstruktur in ihrem Betrieb stehen. Eigentlich ein guter und überfälliger Schritt: So verdienen Frauen laut dem Statistischen Bundesamt noch immer 21 Prozent weniger Geld als männliche Arbeitnehmer. Und nur, wer um die eigene Lohndiskriminierung weiß, kann sich dagegen wehren. Aber so einfach ist es leider nicht, es hagelt Kritik gegen das neue Gesetz, das die SPD-Politikerin Manuela Schwesig in ihrer Amszeit als Bundesfamilienministerin auf den Weg gebracht hatte. Ärgerlich ist vor allem, dass der Auskunftsanspruch erst bei Unternehmen mit mehr als 200 Beschäftigten greift. Nur rund 14 Millionen Arbeitnehmer_innen fallen in Deutschland darunter und können einen Antrag stellen. Die 26 Millionen Menschen, die in kleineren Firmen arbeiten, können es nicht. Und selbst wenn eine ungerechte Bezahlung nachgewiesen werden kann: Ändern muss der Arbeitgeber das deshalb noch nicht, es sei denn, er unterliegt vor Gericht. Der eigene Aufwand, aber auch mögliche persönliche Belastungen und Nachteile im Unternehmen, die mit einer Klage verbunden sein können, dürften viele Betroffene davon abhalten. Deshalb hätte der Gesetzgeber deutlich weiter gehen und nach isländischem Vorbild Betriebe ab 25 Mitarbeitern verpflichten können, Auskunft über die Lohngleichheit unter ihren Beschäftigten zu erteilen. Das kleine Land ist auch das erste, das Ungleichbezahlung per Gesetz verbietet. Auch die Lohnlücke im Medienbereich rückt immer wieder auf die Agenda: Aktuell macht wieder einmal die BBC in eigener Sache Negativschlagzeilen: Die China-Korrespondentin Carrie Gracie ist aus Protest gegen die ungleiche Entlohnung im Sender lautstark zurückgetreten. Die Senderführung musste im vergangenen Jahr die Gehälter ihrer Spitzenverdiener offenlegen, was unter den weiblichen Journalistinnen für einen Aufschrei sorgte: Sie verdienen bis zu 50 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen. Nun lässt sich die Gehaltsstruktur der BBC glücklicherweise nicht auf das Rundfunksystem in Deutschland übertragen. Zumindest Journalistinnen in tarifgebundenen Medienunternehmen und Anstalten sollten weitestgehend Schutz vor geschlechtsspezifischer Gehaltsdiskriminierung genießen. Wobei Einzelfälle indirekter Benachteiligung, etwa durch Eingruppierung, natürlich nicht gänzlich ausgeschlossen werden können. Und viele freie Journalistinnen profitieren weder vom Tarifvertrag noch vom Entgelttransparenzgesetz. So leicht lässt sich das Thema Lohngerechtigkeit im Journalismus also nicht abhaken. In einem vom Bayerischen Journalisten-Verband (BJV) verabschiedeten Antrag heißt es dazu: „Der genaue Gender Pay Gap im Journalismus ist nicht bekannt. Fakt ist jedoch, dass nicht einmal 30 Prozent der Führungspositionen mit Frauen besetzt sind  – je höher die Führungsebene, desto weniger Frauenanteil. Traditionell eher männlich besetzte Ressorts versprechen höhere Gehälter, Zulagen nach Berufserfahrung oder Betriebszugehörigkeit kommen eher Männern zugute, da Frauen öfter und länger Familienpausen machen. Bei freien Verhandlungen holen Frauen eher weniger Geld heraus, nicht nur, weil sie weniger verlangen, sondern auch geboten bekommen.“


Bei der DJV-Tagung FRAU MACHT MEDIEN am 14./15. April in München werden wir die Debatte um Lohngerechtigkeit im Journalismus in einer Diskussion sowie einem Workshop vertiefen. Mit Henrike von Platen wird eine ausgewiesene Expertin zu diesem Thema sprechen. Mit Henrike von Platen wird eine ausgewiesene Expertin zu diesem Thema sprechen. Die Betriebswirtin und Wirtschaftsinformatikerin war von 2010-2016 Präsidentin der Business and Professional Women Germany e.V., die vor zehn Jahren die „Equal Pay Day Kampagne“ nach Deutschland holten. 2017 gründete sie das Fair Pay Innovation Lab, um Unternehmen bei der Umsetzung nachhaltiger Entgeltstrategien zu unterstützen.  Außerdem wird der Fall Birte Meier bei der Journalistinnen-Konferenz des DJV diskutiert. Die preisgekrönte Reporterin verklagte das ZDF wegen Entgeltdiskriminierung, Unterstützung kommt von der Gesellschaft für Freiheitsrechte.

Von Anna-Maria Wagner

Download: Broschüre "Das Entgelttransparenzgesetz" BMFSJ

Betriebsratsarbeit Chancengleichheit Tageszeitungen Rundfunkanstalten Arbeitsrecht Die letzten vier Meldungen der DJV-Startseite

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