Verschlüsselung
Geheimdienste wollen mitlesen
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Journalisten, aufgepasst! Die Geheimdienste von sieben Staaten, darunter die USA und Großbritannien, haben ein gemeinsames Kommuniqué veröffentlicht, das sich wie ein Brandbrief liest. Ihre Forderung: Die Verschlüsselung elektronischer Kommunikation muss für sie geöffnet werden.
So wie hierzulande in der aktuellen Diskussion um die Vorratsdatenspeicherung, stellen die Geheimdienste der sogenannten Five Eyes plus Indiens und Japans den Kampf gegen Kindesmissbrauch an die erste Stelle ihrer Prioritätenliste. Weil die Verschlüsselung elektronischer Kommunikation inzwischen so perfekt sei, dass sie auch von Geheimdiensten nicht geknackt werden kann, hätten sie keine Möglichkeit, Kinderschändern auf die Spur zu kommen, so die Argumentation. Das müsse sich dringend ändern. Wie? Indem die Digitalwirtschaft den Geheimdiensten Schlupflöcher anbietet. So steht es in einem Kommuniqué, das die Five Eyes ganz gegen ihre eigene Gewohnheit der Geheimniskrämerei öffentlich vorgestellt haben.
Wir erinnern uns: Der Begriff "Five Eyes" war dem breiten Publikum durch die Enthüllungen von Edward Snowden bekannt geworden. Der ehemalige NSA-Mitarbeiter hatte über die enge Zusammenarbeit der Geheimdienste von Großbritannien, USA, Kanada, Australien und Neuseeland berichtet. Andere Dienste, etwa der deutsche BND, liefern zu und bekommen als Gegenleistung Informationen, die das eigene Land betreffen.
Die immer weiter verbreitete Verschlüsselung von Daten macht den Agenten offenbar das Leben schwer. So schwer, dass sie sich an die Öffentlichkeit wagen.
Dass nicht nur Kriminelle ihre Daten verschlüsseln, ist den Five Eyes durchaus bewusst. In ihrem Kommuniqué sprechen sie die Kommunikation von Journalisten an, die unbedingt geschützt werden müsse. Denn Verschlüsselung sei ein "existenzieller Anker für das Vertrauen in der digitalen Welt". Und, so will man hinzufügen: Ohne Verschlüsselung keine Kommunikation zwischen Journalisten und Informanten. Dennoch darf nach Überzeugung der Geheimdienste die Abschottung nicht total sein.
Wenn der Schutz der Kommunikation davon abhängt, ob und in welchem Umfang Agenten mitlesen dürfen, können Journalisten auf Verschlüsselungssoftware pfeifen. Die Technologiefirmen sollten standhaft bleiben. Für sie geht es um ein Geschäftsmodell, für uns Journalisten um den Schutz unserer Quellen.
Ein Kommentar von Hendrik Zörner