Ukraine-Krieg
Ganz genau hinsehen
Wie der Kreml-Propagandakanal RT mit dem russischen Überfall auf die Ukraine umgeht, hat sich die FAZ-Medienredaktion genauer angesehen - in Deutschland, Großbritannien und Frankreich.
FAZ-Medienchef Michael Hanfeld verdient Schmerzensgeld. Für seine Geschichte "In einem Zustand der Euphorie" in der heutigen Ausgabe der Frankfurter Allgemeinen Zeitung musste er gestern sehen und hören, wie der Propagandakanal RT DE den russischen Überfall auf die Ukraine umdeutet. An vielen Beispielen macht Hanfeld klar, dass die "Berichterstattung" mit Journalismus gar nichts und mit Propaganda sehr viel zu tun hat.
Damit nicht genug: Auf der FAZ-Medienseite finden sich auch Berichte über die RT-Ableger in Frankreich und Großbritannien. Dass sie sich von dem deutschen Angebot nicht groß unterscheiden, kann nicht verwundern. Was RT wie berichtet, entscheiden schließlich nicht unabhängige Redaktionen. Wer noch Zweifel hatte, wer die seit Langem geäußerte Kritik an RT für überzogen oder gar falsch hielt, ist spätestens seit gestern widerlegt: So platt hat RT noch nie die Kreml-Positionen widergekäut wie jetzt.
Umso wichtiger ist es, dass die journalistischen Medien so umfänglich und differenziert wie möglich berichten. Und dass sie nicht unbeabsichtigt Begriffe übernehmen, die aus dem Kreml-Narrativ stammen. Darauf hat schon gestern Meedia-Redakteur Tobias Singer aufmerksam gemacht. Immerhin ist es ein Unterschied, ob von "Militäroperation" (Kreml-Sprech) oder von "Krieg" die Rede ist.
Für uns Journalisten gilt jetzt erst recht: Wir können gar nicht genau genug hinsehen.
Ein Kommentar von Hendrik Zörner