Medien
Führerschein für Verleger
Das Desaster an der Spitze von RTL zeigt ein weiteres Mal: Nicht jeder Kaufmann ist ein guter Verleger. Wie qualifizieren sich eigentlich diejenigen, die über das Schicksal von Journalisten und traditionsreichen Medien entscheiden?
Wer seit gestern die Medienberichterstattung über den Kahlschlag bei Gruner + Jahr verfolgt, stellt fest, dass das Image von Bertelsmann- und RTL-Chef Thomas Rabe ziemlich im Keller ist. Und wer sich in Hamburg umhört, wird selbst aus dem Mund etablierter Zeitschriftenredakteure Verwünschungen gegen Rabe mitbekommen, die es in sich haben. Kein Wunder, bangen doch rund 1.000 Journalistinnen und Journalisten um ihre Zukunft.
Der Kahlschlag an der Elbe lässt sich nur durch Renditeerwartungen der Führungsetage erklären, die völlig überzogen sind. Denn was früher unter der Traditionsmarke Gruner + Jahr segelte und jetzt als RTL firmiert, sind keine hochdefizitären Magazine, die sich ein Verlag aus Leidenschaft für Hochglanzpapier hält. Das Aus für 23 Titel wurde deshalb erklärt, weil die Titel die selbstgesteckten wirtschaftlichen Ziele eines Thomas Rabe nicht erfüllen.
Was qualifiziert ihn für so gravierende Einschnitte, für einen Flurschaden am Medienstandort Hamburg? Die dazu führen, dass am Tag nach dem Kahlschlag die Chefredaktion von Geo geschlossen zurücktritt? Verlegerische Qualitäten sind es jedenfalls nicht. Bezeichnend ist, dass von Rabe kein Satz über die gesellschaftspolitische Bedeutung von Medien, für die er die Verantwortung trägt, überliefert ist. Wenn er redet, dann über Unternehmensziele, über Gewinnerwartungen, über Umsatzentwicklung, Synergieeffekte und Kostenreduktion. Alles wichtige Begriffe, müssen sich die Medien doch auch ökonomisch rechnen. Wer aber nur Zahlen kennt, wird keine Kreativität entwickeln, um eine Durststrecke aus publizistischen Interessen heraus zu überwinden.
Was es braucht ist journalistische und publizistische Kompetenz der Führungspersönlichkeiten auf den Chefsesseln der Medienhäuser. Und ein Gespür für die menschliche Seite unternehmerischer Entscheidungen. Dass Thomas Rabe nichts davon hat, weiß spätestens seit dem 7. Februar ganz Deutschland.
Ein Kommentar von Hendrik Zörner