Julian Assange
Entwürdigendes Justizgerangel
Wikileaks-Gründer Julian Assange darf keine Berufung gegen das Abschiebeurteil einlegen, das die britische Justiz gegen ihn verhängt hat. Trotz drohender Abschiebung in die USA haben seine Anwälte Hoffnung.
Es ist eine Posse, die sich die britische Justiz mit Wikileaks-Gründer Julian Assange leistet. Zuerst wird er aus der Botschaft von Ecuador in London gezerrt und in Haft genommen. Dann kommt er in ein Hochsicherheitsgefängnis, als wäre der Enthüller US-amerikanischer Kriegsgräuel ein Schwerverbrecher. Mehrere Gerichtsverfahren folgen, bis es schließlich heißt, Assange dürfe an die USA ausgeliefert werden.
Niemand glaubt an ein gerechtes Verfahren, sondern an ein barbarisches Urteil. Anders lassen sich die 175 Jahre Haft nicht bezeichnen, die Assange drohen, wenn er in allen ihm vorgeworfenen Punkten schuldig gesprochen wird. Im Klartext: Er wird hinter Gittern sterben, egal wie alt er wird.
Eigentich müsste Julian Assange mit Orden überhäuft werden. Denn er hat Kriegsverbrechen öffentlich gemacht, von denen ohne Wikileaks niemand erfahren hätte. Der Irak- und der Afghanistan-Krieg der USA wären wahrscheinlich als Antiterror-Feldzüge in die Geschichte eingegangen, mit denen die USA den Islamisten empfindliche Schläge beigebracht haben. Dass dabei Jagd auf unschuldige Zivilisten, darunter Journalisten der Agentur Reuters, gemacht wurde, die keine Chance hatten, den tödlichen Geschossen zu entkommen, kam nur dank Julian Assange heraus.
Nach der Entscheidung aus London, dass er keine Berufung einlegen darf, verlagern sich seine Anwälte auf andere Wege, ihren Mandanten vor der Abschiebung zu bewahren. Als eine Möglichkeit wird der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte genannt.
Welchen Weg auch immer die Juristen einschlagen wollen: Sie haben nicht mehr viel Zeit.
Ein Kommentar von Hendrik Zörner