Twitternde Journalisten
Dürfen die das?
Als Nebenkriegsschauplatz zum Asylstreit in der Union ist ein Scharmützel um twitternde Journalisten ausgebrochen - als ob die das Medium gerade erst für sich entdeckt hätten.
Dass Journalisten twittern, ist nicht neu. Lange vorbei sind die Zeiten, als Hauptstadtkorrespondenten irritiert auf die Ankündigung von Regierungssprecher Steffen Seibert reagierten, dass das Bundespresseamt auch auf Twitter informieren wolle. Es gab damals nicht wenige Journalisten, die nicht wussten, was Seibert meinte.Das ist heute zum Glück ganz anders. Kaum ein halbwegs bekannter Journalist, der den Kurznachrichtendienst nicht nutzt. So auch die als Fernsehgesichter bekannten Kolleginnen und Kollegen der ARD und natürlich auch Chefredakteure von Nachrichtenportalen und Zeitungen wie etwa Julian Reichelt von BILD. Letzterer ist immer wieder mit seinen zuweilen scharfen Meinungsbeiträgen für veritable Shitstorms gut. Zumal er sich darauf verlassen kann, dass die Leute vom BILDBlog zurückkeilen - so funktioniert nun mal digitale Diskussionskultur.Die bekannten Fernsehjournalistinnen pflegen auf Twitter einen anderen Stil als Boulevardkönig Reichelt. Aber auch bei Sonia Mikich, Tina Hassel, Dunya Hayali oder Anja Reschke ist klar: Was mit dem Logo des zwitschernden Vogels erscheint, ist Meinung. Wegen des Neutralitätsgebots der Öffentlich-Rechtlichen gucken nicht nur Twitter-Nutzer, sondern auch Medienkritiker besonders genau auf die Art von Meinung, die die ARD- und ZDF-Kolleginnen zum Besten geben.So auch jetzt mitten im laufenden Unionsstreit um die Asylpolitik, in dem sich die Journalistinnen etwa mit den Begriffen "Asyltourismus" und "Masterplan" kritisch auseinandergesetzt haben. Und mit der Frage, ob ein angebliches Seehofer-Zitat berichtenswert war. Das rief Meedia auf den Plan: Der Dienst strickte daraus denn auch gleich eine lange Geschichte.Kann man machen, muss man nicht. Denn das Journalisten kommentieren, ist so alt wie der Journalismus. Dass sie es auf Twitter tun, ist kein Verstoß gegen journalistische Grundregeln, sondern aktive Teilnahme am gesellschaftlichen Diskurs. Wer sich darüber aufregt, sollte ein paar Gänge runterschalten.Ein Kommentar von Hendrik Zörner