Journalismus
Döpfner teilt aus
Mathias Döpfner, Vorstandschef von Springer, hat im Interview mit der Neuen Zürcher Zeitung Deutschlands Journalisten die Leviten gelesen. Mit welchem Recht eigentlich?
Um den Journalismus im allgemeinen und im besonderen ging es in dem langen Interview, das die Neue Zürcher Zeitung mit Mathias Döpfner geführt hat. Natürlich, das kann nicht verwundern, ging es auch um die Relotius-Affäre des Spiegel. Alle Medien sollten in sich gehen und überprüfen, ob die eigenen Texte ebenso wie die Relotius-Reportagen so geschrieben seien, dass sie den Jurys der Journalistenpreise gefielen, forderte Döpfner. Damit gab er den aktuellen Stand der medienethischen Debatte in Deutschland wider.Doch damit nicht genug. Ziemlich pauschal fiel Döpfners Kritik an den Journalisten aus: "Viele Journalisten sind getrieben davon, bei den Kollegen gut anzukommen. Sie verhalten sich damit zutiefst unjournalistisch: Sie wollen das Juste Milieu ihrer eigenen Branche bedienen, anstatt nonkonformistisch die andere Seite der Medaille zu beleuchten." Welche Journalisten er meinte, sagte er nicht. Im Zusammenhang des Interviews kommt sein Vorwurf so daher, als ob er für alle Medienschaffende gelte.Gäbe es die starke Tendenz, über die Affäre Relotius zur Tagesordnung überzugehen, ließen sich Döpfners Vorwürfe noch rechtfertigen. Aber seit Dezember, als der Spiegel die gefälschten Reportagen enthüllte, dreht sich die medienpolitische Debatte um kaum etwas anderes. Da wirkt es mindestens befremdlich, dass der Springer-Chef, der auch Präsident des Bundesverbands Deutscher Zeitungsverleger ist, die Journalisten so an die Wand nagelt. Mit Verlaub, Herr Döpfner: Das war überflüssig.Ein Kommentar von Hendrik Zörner