Sportfotografie
Details zur Vergabe der drei Fotografie-Plätze in den Geisterspielen (Update)
In der Sportfotografie wird der Zugang zur Bundesliga drastisch eingeschränkt. Obwohl das Publikum aus den Stadien ausgeschlossen ist und daher ein gerade besonders hoher Bedarf an unterschiedlichen Bildern besteht, um die Dramatik des Spiels angemessen zu erfassen, dürfen nach den zuletzt diskutierten Konzepten nur noch drei Personen fotografieren. Es dürfte klar sein, dass die Chancen, einen solchen Platz zu bekommen, äußerst gering ist. Bisherige Dauerakkreditierungen werden von den Vereinen durchweg nicht mehr anerkannt.
In der Gemengelage zwischen der Deutschen Fußball Liga (DFL) und den einzelnen Vereinen ist von besonderer Bedeutung, dass die 36 Vereine der 1. und 2. Bundesliga rechtlich eigenständig sind und daher selbst bestimmen können, wie das DFL-Konzept im Detail umgesetzt wird. Das bedeutet: wie die Sportfotografie vor Ort ausgeübt wird, legt jeder Verein selbst fest. Vom Prinzip her könnte das also auch heißen, dass ein Verein festlegt, dass bei seinen Spielen mehr Fotografinnen und Fotografen tätig werden können als nur drei.
Bei den Überlegungen über die Möglichkeiten der Presse hat sich der Verband Deutscher Sportjournalisten (VDS) für ein Konzept starkgemacht, das fest von der Zahl von nur drei Fotografinnen und Fotografen ausgeht. Dabei sollen die drei Plätze wie folgt vergeben werden: Ein Platz an die Agenturen, die insoweit das Bildmaterial unter sich austauschen, ein weiterer Platz an die Fotografinnen und Fotografen der spielenden Vereine und schließlich ein Platz für Freie. Die Freien sollen in diesem Konzept die Fotos honorarfrei an alle weiteren Freien abgeben im Sinne eines gemeinsamen Pools. Wie die fotografierenden Freien dabei zu ihrem Geld kommen sollen, bleibt dabei offen.Eine große Zahl von Vereinen folgt diesem VDS-Konzept allerdings nicht. Die Vereine der zweiten Bundesliga haben sich nach zuverlässigen Informationen durchweg für ein anderes Konzept entschieden. Hier geht zwar auch der erste Platz an die großen Agenturen, der zweite und dritte Platz aber an die Clubfotografinnen und -fotografen der spielenden Vereine. Dadurch ist gewährleistet, dass alle fotografierenden Personen auch ein sicheres Honorar erhalten. Gleichzeitig arbeiten sie als Pool für die Freien, die normalerweise zu den Spielen kommen.
Im Detail heißt das:
- Für die großen Agenturen wird ein eigener Pool gebildet.
- Clubfotografinnen und -fotografen des Heimatvereins beliefern die DFL, den Heimverein und dauerakkreditierte Fotografinnen und Fotografen bzw. diejenigen, die sich für dieses Spiel akkreditiert haben, aber keinen Zugang erhalten können aus der Heimregion (Pool).
- Clubfotografinnen und -fotografen des Gastvereins beliefern den Gastverein, und Fotografinnen und Fotografen, die sich für dieses Spiel akkreditiert haben, aber keinen Zugang erhalten können aus der Gastregion (Pool).
Eine weitere Rolle spielt die Frage, ob es für die Verwendung von Bildern aus dem Pool zwingende Vorgaben gemacht werden können, also zum Zweck der Verwendung oder dem Abnehmerkreis. Hier wird in der Diskussion geltend gemacht, dass ausgeschlossen werden muss, dass die in den Pool gelieferten Bilder von den Empfängern in eine Bildagentur oder vergleichbare Vertriebswege eingespeist werden können, von der die Fotos dann zu geringen Europreisen angeboten werden. Denn der beliebige Weitervertrieb der exakt gleichen Bilder hätte zur Folge, dass alle anderen am Pool beteiligten Personen bei ihren Abnehmern kaum noch angemessene Preise für diese Bilder durchsetzen könnten. Derzeit besteht offenbar bei einer Reihe von Vereinen die Absicht, die Poolbedingungen so auszugestalten, dass eine solche Kannibalisierung des Pools ausgeschlossen wird. Vielen Betroffenen erscheint diese Lösung sinnvoller als das VDS-Konzept, in dem dieses Problem ungelöst bleibt.Inwieweit diese in der 2. Bundesliga erfolgten Festlegungen auch in der 1. Bundesliga Anwendung finden, kann derzeit noch nicht eingeschätzt werden. Zwar war zuletzt zu hören, dass eine Reihe von Vereinen der 1. Bundesliga dem VDS-Konzept folgen wollen, aber auch hier gibt es offenbar in einige Vereinen eigenständige Regelungen oder die Übernahme des Konzepts aus der 2. Bundesliga. Wie das VDS-Konzept im Detail aussehen soll, wird an dieser Stelle durch eine E-Mail von VDS-Aktiven auszugsweise dokumentiert, in der das VDS-Modell im Fußballsport erläutert wurde:
"(...) Die Heim-Vereine haben wie immer auf Basis des Hausrechts die Hoheit über die Akkreditierung von Fotograf*Innen.
Von den drei Fotograf*Innen werden bei allen Spielen zwei Positionen (POOL-1 und POOL-2) durch unabhängige Bild-Journalist*Innen besetzt, eine Position (POOL-3) soll für die Clubs/DFL vorbehalten bleiben. Diese 3 Pools konkurrieren miteinander.
Unsere gemeinsame Idee ist, dass jeweils eine der beiden Fotograf*Innen-Positionen durch national sowie international verbreitende Nachrichten-/Bildagenturen (POOL-1) besetzt wird und die Bilder über die bestehenden und für Pool-Lösungen etablierten Kanäle der Agenturen eingespeist werden.
Die zweite Fotoposition soll durch einen lokalen hauptberuflichen Fotograf*In besetzt werden und über die technische Plattform PicDrop in den POOL-2 der Freien eingespeist werden. Die Fotograf*innen, die einen der beiden spielenden Clubs (Heim und Auswärts) regelmäßig begleiten, sollen einen Zugang zu dem Bildmaterial des jeweiligen Spiels erhalten.
Die Fotografensprecher des VDS und die Fotografenverbindungsleute sprechen für jedes Spiel dem Verein eine Empfehlung aus, welcher hauptberufliche Vertreter dieses Pools eine Stadionakkreditierung bekommen sollte. Die finale Entscheidung über die Akkreditierung obliegt wie auch im normalen Betrieb der Bundesligen dem jeweiligen Heimverein.
Eine Mitgliedschaft im VDS ist hierfür nicht maßgebend.
Aufgrund des kurzen Zeitabstandes zwischen der Bekanntgabe der Vorgehensweise von der DFL bis zum Spielbeginn der Liga haben wir uns entschieden, den freien Pool für den ersten Spieltag aus dem Kreise der Fotografen zu besetzen, die uns im Vorfeld mündlich zugesagt haben, das Spiel unter den besonderen Bedingungen besetzen zu können und auch zu wollen. Dies war notwendig, da wir sonst handlungsunfähig gewesen wären.
Wir haben uns diesbezüglich juristischen Rat eingeholt und es wurde als rechtens angesehen, dass wir “Corona-bedingt“ diesen außergewöhnlichen Schritt, so wie aufgezeigt, gehen können.
Allerdings sollte dies auch die Ausnahme sein.
Für den 2. Spieltag und jeden weiteren ‚Corona-Spieltag‘ kann sich jeder hauptberufliche Fotograf als Poolfotograf bewerben (Anmeldeformular im Anhang). Ein Anforderungsprofil für POOL-2-Fotografen ist dieser Mail angehängt und ist unbedingte Voraussetzung für die Bewerbung als Poolfotograf.
Durch eine flächendeckende Anfrage an alle Fotograf*Innen soll nun gefragt werden, wer in einem Team als POOL-2 Fotograf zusammen mit jeweils einem Editor zur Verfügung stehen möchte. Damit wird Gleichbehandlung für alle hauptberuflichen Bildjournalisten mit anerkanntem bundeseinheitlichem Presseausweis von allen sechs ausstellenden Verbänden gewährleistet.
Jeder Kollege, der sich vor Ort im Stadion befindet, soll durch diese Situation auch keinerlei wirtschaftliche Vorteile gegenüber den Kollegen haben. Die Teilnahme ist freiwillig und honorarfrei. Die Fahrtkosten und andere Unkosten müssen selbst getragen werden.
Wir haben speziell zu dieser Frage mehrere erfahrene Sportfotograf*Innen um ihre Meinung gebeten und freuen uns, dass dieser Vorschlag von allen sehr solidarisch und positiv aufgenommen wurde.
Nach Spieltag 1 der Corona-Zeitrechnung werden Fotograf*Innen, die das Anforderungsprofil (siehe im Anhang dieser Mail) erfüllen können, die Gelegenheit haben, sich gleichberechtigt für POOL-2 zu bewerben. Da der Workflow sehr reibungslos und effektiv sein soll, ist der wichtigste Punkt dieses Profils das Back-Office bzw. der Editor im Home-Office. Es müssen sich also zwingend Zweier-Teams, bestehend aus Fotograf*In und Editor melden.
Jedes Team, bestehend aus nachweislich hauptberuflicher Fotograf*In der das Anforderungsprofil, als Poolfotograf*In mitbringt und mindestens einen zuverlässigen Editor mit den bild-journalistischen Standards von angemessenere Bildbearbeitung und im sicheren Umgang mit IPTC-Beschriftung vorweist, kann sich als Team für POOL- 2 bewerben.
Wir werden die Anmeldelisten sammeln und die Kandidaten den Heimvereinen vorlegen. Die endgültige Entscheidung über die Besetzung des Pool-2-Fotograf*In obliegt dem jeweiligen Heim-Verein. Der VDS empfiehlt bei mehreren geeigneten Teams zu rotieren oder gegebenenfalls auch zu losen.
Wichtig ist zu erwähnen, dass der VDS „nur“ für POOL-2 zuständig ist und nicht für den POOL-3 der Vereinsfotografen.
Das bedeutet jedoch auch, dass es keine Vermischung geben darf: Wenn jemand als Vereinsfotograf im Einsatz ist, kann er für dasselbe Spiel nicht als freier Pool-Fotograf eingesetzt werden. "
Nach Informationen aus DJV-Landesverbänden haben inzwischen Mitglieder aus dem Bereich der Sportfotografie um Prüfung der rechtlichen Basis für das auf den Vorschlägen des VDS beruhende Prozedere in der 1. Bundesliga gebeten. Diese rechtliche Evaluation dauert derzeit noch an. Wichtiger als eine Auseinandersetzung um die Vergabe von wenigen Plätzen erscheint allerdings eine generelle und deutliche Erhöhung der Plätze für die Sportfotografie. Wie das hinzubekommen ist, wird derzeit vor allem vor Ort mit den Vereinen zu klären sein.
Mitgliedern aus dem Bereich der Sportfotografie ist daher zu empfehlen, mit lokalen Verantwortlichen den Dialog zu suchen, um eine deutliche Erhöhung der Zugangszahlen für die Fotografie durchzusetzen. Dabei mag am Ende auch das Argument von Nutzen sein, dass der Sport von einer Vielfalt von Bildern nachhaltig profitiert, gerade jetzt, wo das Publikum aus den Stadien verbannt ist.
Noch mehr News und Links zum Thema unter djv.de/sportbilder
Michael Hirschler, hir@djv.de (Update am 15. Mai 2020, 21:05 Uhr)