Mathias Döpfner
Der große Komiker
Die Süddeutsche bringt's ans Licht: Springer-Chef Mathias Döpfner hat die Äußerungen, die ihm so viel Kritik einbrachten, ironisch gemeint. Der Mann überrascht immer wieder aufs Neue.
Julian Reichelt, der letzte aufrechte Journalist im neuen DDR-Obrigkeitsstaat? Als dieses Döpfner-Zitat die Runde machte und den Verlegerverband BDZV in helle Aufregung versetzte, hatte es noch geheißen, es stamme aus einer privaten Korrespondenz des Springer-CEO. Das behütete Mathias Döpfner nicht davor, dass öffentlich seine Befähigung zur Führung eines Medienriesen und eines auf Pressefreiheit und Demokratie verpflichteten Verlegerverbands in Zweifel gezogen wurde.
Doch das war es nicht allein, wie die Süddeutsche Zeitung heute darlegt. Das Blatt zitiert ein umfangreiches Döpfner-Porträt der Washington Post. Dass die US-Zeitung sich ausführlich mit ihm auseinandersetzt, ist zunächst mal gut für Springers geschäftliche Ambitionen in den USA. Der Chef des Unternehmens wird so in Amerika bekannter. Das war es aber auch schon mit den positiven Anmerkungen. Denn die Post konfrontierte Döpfner mit einer Mail, die er am Vorabend der letzten US-Päsidentenwahl an seine Untergebenen schickte: "Wollen wir alle am 3. November morgens eine Stunde in uns gehen und beten, dass Donald Trump wieder Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika wird?" Wie bitte? Beten für Trump, den Feind der Pressefreiheit? Gegenüber der Washington Post räumte Döpfner ein, das sei eine "ironische, provokative Erklärung in einem Kreis von Menschen, die Trump hassen", gewesen.
Provokativ? Bestimmt. Aber ironisch? Nun ja, genauso ironisch wie sein DDR-Vergleich. Der Springer-Chef, das steht jetzt endlich fest, ist in Wahrheit ein großer Komiker. Warum wird er nur immer wieder missverstanden?
Ein Kommentar von Hendrik Zörner