"Kolumnistin" Alice Weidel
Deckel und Topf
Screenshot: ZDF
AfD-Chefin Alice Weidel wird Kolumnistin der Weltwoche. Politisch passen sie und der Chefredakteur des Schweizer Blattes bestens zusammen.
Die Spitzenkandidatin einer Partei, die kurz vor der Bundestagswahl zur Kolumnistin einer Zeitung gemacht wird, wäre bei demokratischen Parteien ein No-Go. Und im Journalismus auch. Olaf Scholz als regelmäßiger Gastautor der FAZ? Oder Friedrich Merz mit eigener Kolumne in der Süddeutschen? Undenkbar. Nicht so bei Alice Weidel von der AfD. Sie soll jetzt regelmäßig für die Schweizer Weltwoche schreiben.
Was bei anderen nicht gehen würde und was die Leser niemals kommentarlos akzeptierten, passt bei Weidel und der Weltwoche wie der Deckel auf den Topf. So rechtslastig wie die AfD-Spitzenfrau ist, kommt auch die Zeitung aus der Schweiz daher. Vor allem ihr Chefredakteur Roger Köppel. Der auch gleich das Engagement markig begründet: "Die AfD kommt in den deutschen Medien selber kaum zu Wort, die Berichterstattung ist extrem einseitig. Es gibt Brandmauern und Kontaktverbote, die man in Demokratien doch überwinden muss." Und weiter: "Die AfD ist die derzeit zweitstärkste, meistdiskutierte und umstrittenste Partei Deutschlands, also fraglos ein Thema, und Frau Weidel ist für mich eine der intelligentesten und mutigsten Frauen in der deutschen Öffentlichkeit. Sie hat die Kraft, dem Establishment zu widersprechen. Sie steht trotz heftigstem Gegenwind und massiven Anfeindungen zu ihren Grundsätzen. Das imponiert mir."
Dazu muss man wissen, dass Köppel in den letzten Jahrzehnten sein Blatt auf Rechtskurs getrimmt hat und dass er selbst jahrelang Abgeordneter der Schweizerischen Volkspartei im Nationalrat war. Ein rechter Hardliner also, der der rechten Hardlinerin aus Deutschland die publizistische Hand reicht.
Ob das der AfD zusätzliche Wählerstimmen bringt, ist offen. Die Partei steht mit den etablierten Medien auf Kriegsfuß, setzt auf eigene Kanäle in den Social Media, um ihre völkischen Botschaften an den Mann und die Frau zu bringen. Schwer vorstellbar, dass deutsche AfD-Anhänger jetzt in Scharen das Schweier Blatt abonnieren, um die Worte der großen Vorsitzenden zu lesen.
Aber das wird Roger Köppel genau nachhalten, denn der Mann ist nicht nur Chefredakteur, sondern auch Verwaltungsratspräsident der Köppel Holding AG und der Weltwoche Verlags AG.
Ein Kommentar von Hendrik Zörner