Türkei
Das Zittern geht weiter
Im ersten Wahlgang konnte sich die Demokratie in der Türkei noch nicht durchsetzen - die Autokratie aber auch nicht. In zwei Wochen hat die Pressefreiheit eine zweite Chance.
Von Vaterlandsverrätern war die Rede. Fernsehbilder von fanatisierten Anhängern des Noch-Präsidenten Recep Tayyip Erdogan schockieren. Sie reagieren mit Hass auf ihre Landsleute, die nicht Erdogan, sondern die oppositionellen Kandidaten bei der Präsidentenwahl unterstützten. Die Erdogan-Anhänger sind genau die Leute, die der Einschränkung von Grundrechten applaudieren.
Die Liste der autokratischen Aktionen Erdogans und seiner AKP-Partei ist lang. Unvergessen sind seine Brutalität und Willkür gegen Medienschaffende wie Mesale Tolu oder Can Dündar. Kritische Medien von einst mussten schließen, die Journalisten in der Türkei dürfen nur noch senden oder schreiben, was dem Regime in den Kram passt.
Das Wahlergebnis vom 14. Mai zeigt, dass es eine Chance gibt, den Autokraten aus dem Präsidentenpalast zu vertreiben. Zwei Wochen später wird die Stichwahl darüber entscheiden, wer das Rennen macht. Die Demokratie und damit die Pressefreiheit bekommen eine zweite Chance. Hoffen wir für alle Journalistinnen und Journalisten in dem Land wie auch im Exil, dass Erdogan verliert. Es wäre ein unermesslicher Gewinn für die Freiheit.
Ein Kommentar von Hendrik Zörner