Orbán-Anzeige
Darf Springer das?
In der Bild-Zeitung hat Ungarns Autokrat Viktor Orbán per bezahlter Anzeige für seine Politik geworben. Der Feind der Pressefreiheit bekommt ausgerechnet bei dem Verlag ein Podium, dessen Chef Präsident der Zeitungsverleger ist.
Wenn es darum geht, in engagierten Reden die Pressefreiheit zu rühmen und ihren Stellenwert für die Demokratie herauszustellen, ist Mathias Döpfner eloquent. Damit steht er in der Tradition der Präsidenten des Zeitungsverlegerverbands BDZV. Mit einem entscheidenden Unterschied: Hinter Döpfner steht die geballte Marktmacht des Springer-Konzerns. Sein Wort hat in der Medienwelt mehr Relevanz, als es bei einem Provinzverleger an der Verbandsspitze der Fall wäre.
Umso größer ist die Irritation, die die Anzeige des ungarischen Autokraten Viktor Orbàn in Springers Flaggschiff "Bild" auslöst. Darin "erklärt" Orbán seine Politik - ausgerechnet an dem Tag, als Reporter ohne Grenzen ihn in die Liste der Pressefeinde aufnimmt. In der Anzeige wettert Orbán gegen die EU, spricht vom "Superstaat" und vom "europäischen Imperium". Lügen, Verdrehungen, Halbwahrheiten - das typische Autokratenvokabular.
Kein Wunder, dass sich Protest gegen die Anzeige erhebt. Der Springer-Verlag reagiert: "Freiheit, insbesondere Meinungsfreiheit ist für uns bei Axel Springer ein Grundpfeiler von allem, wofür wir stehen und etwas, was die Redaktionen all unserer Medien verteidigen", sagt ein Sprecher des Verlags dem Magazin Stern.
Formal ist das richtig, medienpolitisch aber fragwürdig. Wie glaubhaft sind künftig noch die Einlassungen von Springer-Chef Mathias Döpfner zur Pressefreiheit? Der BDZV hat ein Problem.
Ein Kommentar von Hendrik Zörner