Layla
Danke für die Gratis-PR
"Sie ist schöner, jünger, geiler" — bei der Debatte um das Lied "Layla" sind die Thesen aber vor allem dümmer, flacher, steiler.
Auf einer Kirmes in Würzburg soll der Ballermannhit "Layla" nicht gespielt werden. Kurz darauf eskaliert die Lage, es wird von "Verboten" und "Zensur" gefaselt, sogar der Bundesjustizminister äußert eine kreative Meinung dazu. Nicht nur im Boulevard wird nun einmal wieder der Stand der Kunstfreiheit in Deutschland ausgemessen, auch in manchen Qualitätsmedien sind sich manche Meinungsäußernde nicht zu schade, quasi das Ende des aufgeklärten Abendlandes auszurufen. Wie gesagt, weil auf mancher Kirmes nicht das Lied über die Puffmama gespielt wird. Ein untrügliches Zeichen: Wir sind im Sommerloch angekommen. Und manche Medien sind leider einem der flachsten PR-Tricks aufgesessen.
Diese fallen in die Kernkompetenz des Limburger Musikproduzenten Matthias Distel. Der Unternehmer freut sich, reibt sich die Hände und gibt freimütig im hr-Interview zu, dass die mediale Eskalation das beste sei, was dem "Lied" passieren konnte. Wir erinnern uns: Der mit seinem Künstlernamen Ikke Hüftgold bekannte Musikproduzent hatte sich unter anderem bei Big Brother einen Namen gemacht. Distel hat offenbar Gefallen daran gefunden, mit einem durchaus geschickten Spiel auf der Empörungsklaviatur PR-Kampagnen zu setzen. Nun also spricht er von angeblicher Zensur. Doch dieser Falschaussage sollten Journalist:innen nicht aufsitzen. Das Werk des Künstlers, der in der Vergangenheit etwa Oberweiten und Kartoffelsalat besungen hat, wird lediglich auf einigen Veranstaltungen nicht gespielt. Mit gleicher Berechtigung könnten auch John Rutter oder Arvo Pärt Zensur behaupten, weil ihre Werke regelmäßig nicht im Festzelt oder auf Pop-Wellen im Radio gespielt werden.
Anstatt einem Party-Hit-Produzenten kostenlose PR zu besorgen, kann eine unaufgeregte journalistische Einordnung jenseits der Empörungsmechanismen den Nutzer*innen und Leser*innen wirklichen Mehrwert verschaffen. Experten wie der Würzburger Anwalt Chan-Jo Jun lassen mit ihrer Fachkenntnis die Luft aus Zensur- und Verbotsvorwürfen. Der Jurist, der in solchen Fällen gerne von "Quatschjura" spricht, bringt eine echte journalistische Dienstleistung: Einordnung, gesicherte Information, Fakten.
Am Ende werden Journalist:innen ihr Publikum nachhaltig nur mit einem solchen einordnenden Mehrwert überzeugen können. Aber vielleicht ist das auch eine "steile These". Entscheiden Sie.
Ein Kommentar von Mika Beuster