Künstliche Intelligenz
Dämme schon gebrochen?
"Kollege" Roboter im Einsatz. Foto: Sir Apfelot
Im öffentlch-rechtlichen Rundfunk wird darüber gestritten, ob journalistische Inhalte den KI-Programmierern überlassen werden sollen. Und in Print-Redaktionen breiten sich die Roboter heimlich, still und leise immer weiter aus. Sind die Dämme gegen die KI längst gebrochen, ohne dass jemand die Flutwelle bemerkt hat?
Jede dritte Zeitschriftenredaktion nutzt in der einen oder anderen Weise bereits Künstliche Intelligenz. Das fand der Verlegerverband MVFP in einer Umfrage unter seinen Mitgliedern heraus. Bei den Zeitungsverlagen sieht es ganz anders aus: Dort liegt der Anteil bei stattlichen 68 Prozent. Soll heißen: In zwei von drei Zeitungsverlagen wird KI für mindestens ein Viertel der textbezogenen Arbeiten eingesetzt.
An die große Glocke gehängt hat das kein Verlag. Aus gutem Grund, sind doch die Vorbehalte gegen den "Kollegen" Roboter nicht nur unter Journalisten, sondern in der gesamten Gesellschaft groß. Da droht ganz schnell die Diskussion, warum die Leser für Inhalte, an denen Künstliche Intellgenz beteiligt ist, genauso viel zahlen sollen wie für menschengemachten Content.
Im öffentlich-rechtlichen Rundfunk wird wenigstens über den KI-Einsatz diskutiert. "Mit Blick auf den Auftrag und die Finanzierung durch die Allgemeinheit ist es aus Sicht der ARD gerade im Zeitalter von Fake News und Hate Speech wichtig, dass auch die öffentlich-rechtlichen Inhalte zu den Trainingsdaten gehören", sagte vor ein paar Monaten ARD-Vorsitzender Kai Gniffke. Das läuft auf das Verschenken von Journalismus zum guten Zweck hinaus. Wie Steffen Grimberg in seiner taz-Kolumne "Flimmern und Rauschen" schreibt, wird Gniffkes Festlegung von zahlreichen Experten des KI-Netzwerks der ARD kritisch gesehen. Also lieber keine Geschenke.
Dass diese Diskussion geführt wird, ist gut und wichtig. Schließlich geht es um nichts Geringeres als um das Überleben des Journalismus in der digitalen Gesellschaft und Wirtschaft. Dass sie erst jetzt richtig Fahrt aufnimmt, kommt mindestens ein Jahr zu spät. Oder glaubt irgendjemand im Ernst, dass die KI-Entwickler innehalten und abwarten, zu welchem Schluss die ARD irgendwann mal kommt?
Ein Kommentar von Hendrik Zörner