Deutsche Welle
Corona muss für alles herhalten
Die Tarifverhandlungen bei der Deutschen Welle sind gescheitert. Die Geschäftsleitung hatte versucht, einen Abschluss weit unter der Teuerungsrate durchzudrücken. Einen Grund dafür gab es nicht.
Als die Tarifgespräche am 17. August nach drei Stunden ohne Fortschritt endeten, war die Zeit der Krokodilstränen gekommen: "Die Geschäftsleitung bedauert sehr, dass die heute mit Gewerkschaftsvertreterinnen und -vertretern geführten Vergütungstarifverhandlungen nach drei Stunden von den Gewerkschaften für gescheitert erklärt wurden", teilte Verwaltungsdirektorin Barbara Massing den Beschäftigten des deutschen Auslandssenders via Intranet mit. Das Bedauern, liebe Frau Massing, liegt ganz auf unserer Seite. Allerdings ist bei den Kolleginnen und Kollegen des DJV weniger von Bedauern die Rede als mehr von Enttäuschung und Wortbruch. Denn im Februar war ein Eckpunktepapier verabschiedet worden, das 6,2 Prozent mehr Einkommen für die Beschäftigten der Deutschen Welle in den nächsten drei Jahren vorsah. Davon wollte der Sender jetzt nichts mehr wissen, spielte das Papier herunter, verwies darauf, dass sich seitdem durch Corona die Welt verändert hat. 6,2 Prozent mehr wurden plötzlich als das falsche politische Signal interpretiert.
Die DW-Vertreterin schrieb dazu: "Der Bund hat ein von der Höhe her bisher nie dagewesenes Rettungspaket geschnürt, das rein denknotwendig große Risiken für den Bundeshaushalt und damit für den DW-Haushalt beschert." Aha, denknotwendig. Ein bemerkenswerter Begriff, unterstellt Barbara Massing doch damit, dass der Bundeshaushalt mal eben von einem Tag auf den anderen verändert und der Etat der Deutschen Welle kurzfristig zusammengestrichen werden kann. Klar ist: Das Parlament hat die Haushaltshoheit. Klar ist auch, dass so ziemlich alle Parteien, auf die es ankommt, die journalistische Arbeit der Welle schätzen und anerkennen, was die Mitarbeiter gerade in Corona-Zeiten leisten. Eine Milliarde Zugriffe auf die Onlineangebote der DW seit Beginn der Pandemie zeigen, wie sehr die Arbeit der DW-Journalisten von den Menschen geschätzt wird.
Und gerade deshalb ist es unverzichtbar, dass 6,2 Prozent fest für drei Jahre vereinbart werden.
Ein Kommentar von Hendrik Zörner