Presse(un)freiheit
Corona - ein Fest für Autokraten
Autokraten dieser Welt nutzen die Coronakrise, um das, was in ihren Ländern von der Pressefreiheit noch übrig ist, endgültig abzuschaffen. Und die internationale Diplomatie? Schaut schweigend zu.
Wladimir Putin, von Deutschlands damaligem Bundeskanzler Gerhard Schröder als "lupenreiner Demokrat" gelobt, muss sich in Russland kaum noch mit kritischer Berichterstattung herumärgern. Die meisten Medien sind unter staatlicher Kontrolle oder werden von Kreml-treuen Journalisten geleitet. Nur noch einzelne Onlinemedien wagen es, kritisch zu berichten. Und natürlich die ausländischen Korrespondenten, deren Texte und Sendungen jedoch in der Regel keine Russen ohne Fremdsprachenkenntnisse erreichen.
Mit den letzten Resten an Pressefreiheit ist in Russland - weitgehend unbeachtet von der Weltöffentlichkeit - jetzt Schluss. Wer die Begriffe "Pandemie" oder "Corona" im Zusammenhang mit Russland erwähnt, muss neuerdings mit Strafen rechnen. Dafür wurde das Fake News-Gesetz des vergangenen Jahres verschärft.
In Ungarn, mitten in der Europäischen Union gelegen, kursieren Themenlisten in den Redaktionen. Darauf steht, worüber Journalisten nicht ohne Genehmigung von oben berichten dürfen. Migration, europäischer Terror, Brüssel, kirchliche Themen sowie Parlaments-, Präsidentschafts- und Kommunalwahlen in allen Ländern der EU gelten als heikel, Greta Thunberg und Menschenrechte als tabu. Darüber hinaus hat Autokrat Viktor Orbán die Coronakrise genutzt, um sich vom Parlament das unumschränkte Regieren mit Notstandsgesetzen genehmigen zu lassen.
Zwei Beispiele, die aufschrecken lassen. Vor allem wegen der im Fall Russland vollständig ausbleibenden und bei Ungarn unzureichenden Reaktionen der internationalen Politik. Weder die deutsche noch andere europäische Regierungen haben bisher massiv auf die Einhaltung der Presse- und Meinungsfreiheit gepocht. In Richtung Ungarn werden von der Europäischen Union nur verbale Proteste geäußert. Dabei könnte die EU neben dem juristischen auch noch den finanziellen Hebel ansetzen.
Die Demokratien müssen aktiv werden, dürfen über die gewaltigen Aufgaben, die die Coronakrise ihnen stellt, nicht die Bewahrung der Grundrechte in anderen Ländern aus dem Blick verlieren. Sonst hätte am Ende das Virus neben unzähligen Menschenleben auch noch die Menschenrechte ausgerottet.Ein Kommentar von Hendrik Zörner