taz-Kolumne
Bruchlandung für Seehofer
Aus einem Strafverfahren gegen die Kolumnistin der taz, die kräftig gegen Polizeibeamte ausgeteilt hatte, wird wohl nichts. Ob sich Horst Seehofer jetzt entschuldigt?
"All cops are berufsunfähig" war die Kolumne von taz-Autorin Hengameh Yaghoobifarah am 15. Juni überschrieben, an der sich die Geister schieden. Mal war von verunglückter Satire die Rede, mal von Volksverhetzung und schwerster Beleidigung der Polizei. Die Aufregung hatte Folgen: Zwei Polizeigewerkschaften stellten Strafanzeige gegen die Autorin, der Bundesinnenminister kündigte dasselbe an. Als die Bundeskanzlerin sein forsches Vorpreschen in Frage stellte, ging Seehofer erst mal auf Tauchstation, ohne die Drohung zu entschärfen. Dann schließlich gab er klein bei und kündigte den Verzicht auf eine Strafanzeige an. Fast schon bockig klang in dem Zusammenhang seine Aussage, er sehe durch die Kolumne Straftatbestände erfüllt.
Hätte Horst Seehofer sich diesen Nachsatz doch nur verkniffen. Denn nach der Blamage Mitte Juni steht er jetzt wieder als der Gelackmeierte da. Der Grund: Die Berliner Staatsanwaltschaft sieht offenbar keinen Anfangsverdacht für eine Straftat, weil Yaghoobifarahs Kolumne von der Meinungsfreiheit gedeckt war. Formal ist das Verfahren noch nicht eingestellt, aber das dürfte nur eine Frage der Zeit sein.
Was macht nun der Minister, der nicht nur Dienstherr der Polizei, sondern als Verfassungsminister auch Hüter der Grundwerte ist, zu denen die Presse- und Meinungsfreiheit gehört? Wahrscheinlich schweigen. Eine Entschuldigung ist Horst Seehofer nicht zuzutrauen. Dabei wäre das die einzig richtige Reaktion.
Ein Kommentar von Hendrik Zörner