Wahlkampf
Bitte nur Journalistinnen
Zu einer Pressekonferenz von vier SPD-Politikerinnen sollen bitte nur Journalistinnen kommen, wünscht sich die Hessen-SPD. Die Landespressekonferenz steht Kopf. Wahlkampfflop oder genialer PR-Coup?
Glaubt man den Umfragen, hat es Bundesinnenministerin Nancy Faeser im hessischen Landtagswahlkampf schwer. Sollte sie es in die Staatskanzlei schaffen und nach dem Wahlsonntag am 8. Oktober neue Ministerpräsidentin in Wiesbaden werden, wird das jedenfalls kein Selbstläufer. Da muss sich das Wahlkampfteam ihrer SPD schon mächtig anstrengen.
In solchen Fällen wird immer wieder gern in die Trickkiste der PR gegriffen: unkonventionelle Aktionen, Überraschungen, Aha-Momente - einfach alles, was Aufmerksamkeit erzeugt und noch irgendwie mit der Person der Spitzenkandidatin zusammenpasst.
Selbst in einem Bundesland, das von zwei großen Flüssen durchzogen wird, sind Pressetermine auf Ausflugsschiffen nicht alltäglich. Vielleicht war das der Grund dafür, dass die hessische SPD für kommenden Samstag zu einer Pressekonferenz auf einem Main-Schiff eingeladen hat. Neben Wahlkämpferin Nancy Faeser sollen die Ministerpräsidentinnen Malu Dreyer, Manuela Schwesig und Anke Rehlinger der Presse Rede und Antwort stehen. In der Einladung an die Medien heißt es: "Mit Blick auf die ausschließlich weiblichen Gäste der Schifffahrt fänden wir es thematisch stimmig, wenn auch die Presseplätze mit Frauen besetzt würden." Männliche Journalisten würden aber nicht abgewiesen.
Die "freundliche Bitte" kam bei der Landespressekonferenz Hessen alles andere als freundlich an. "Das ist nicht lustig, sondern ein Anschlag auf die Freiheit der Presse“, wird der LPK-Vorsitzende Ewald Hetrodt, im Hauptberuf für die FAZ im Einsatz, zitiert. In der Sache hat er Recht: Die Redaktionen entscheiden darüber, wen sie zu einer Pressekonferenz schicken. Mit dem "Anschlag"-Zitat schafft es der FAZ-Redakteur in die bundesweite Berichterstattung. Und damit wird aus einem Gute-Laune-Termin im Wahlkampf, den außer den örtlichen Medien niemand zur Kenntnis genommen hätte, plötzlich ein Politikum, das über den Evangelischen Pressedienst in die bundesweiten Redaktionen gespült wird. Mehr Aufmerkamkeit kann es im Wahlkampf nicht geben - und im Vergleich mit den Kosten großformatiger Wahlplakate fast zum Nulltarif - genial! Ob in der Pressestelle der hessischen SPD schon die Sektkorken knallen? Oder versteht man womöglich die ganze Aufregung nicht?
Ein Kommentar von Hendrik Zörner