Bildrecht
Bei Fotos in Museen auch nach Urteil noch einige Fragen offen
Besucher von Museen müssen sich an die Fotografierbedingungen von Museen halten, wenn diese Aufnahmen und/oder die Verbreitung von dort ausgestellten Kunstwerken verbieten. Das gilt auch für Werke, bei denen die urheberrechtliche Schutzfrist schon abgelaufen ist und die daher als "gemeinfrei" gelten. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Urteil am 20. Dezember 2018 entschieden, wie aus einer Pressemitteilung des Gerichts hervorgeht.
Der BGH bestätigte zudem die Entscheidungen der unteren Gerichte, nach denen es auch unzulässig war, in der "Wikimedia-Commons" Fotos von solchen gemeinfreien Werken zu veröffentlichen, die aus Publikationen von Museen stammen und daraus ausgeschnitten und/oder gescannt wurden. Der BGH machte deutlich, dass auch Fotos von Kunstwerken als Lichtbilder urheberrechtlich geschützt seien, da sie im Ergebnis eine besondere geistige Leistung darstellten:
"Bei ihrer Anfertigung hat der Fotograf Entscheidungen über eine Reihe von gestalterischen Umständen zu treffen, zu denen Standort, Entfernung, Blickwinkel, Belichtung und Ausschnitt der Aufnahme zählen. Deshalb erreichen solche Fotografien regelmäßig - so auch im Streitfall - das für den Schutz nach § 72 Abs. 1 UrhG erforderliche Mindestmaß an persönlicher geistiger Leistung."
Aus Sicht von DJV-Fotograf/inn/en, von denen einige - als Nebentätigkeit zur journalistischen Tätigkeit - auch im Auftrag von Museen oder auf eigene Initiative Fotos von Kunstwerken erstellen, ist das Urteil des BGH grundsätzlich zu begrüßen. Denn nur so können sie bei weiteren Nutzungen noch angemessene Vergütungen für ihre Fotoproduktionen erhalten. Dürfen alle (Online-)Verzeichnisse auf der Welt ihre Fotos kostenlos verwenden, werden auch Medienhäuser kaum noch etwas für solche Bilder zahlen wollen.
Nicht nur, weil der Volltext der Entscheidung noch nicht vorliegt, sondern auch wegen pressebezogener Besonderheiten sowie Gesetzesänderungen, die im Laufe des Verfahrens eingetreten sind, muss diese Entscheidung freilich mit Bedacht eingeordnet werden.
Zunächst ist für aktuell berichterstattende Medien wichtig, dass dieses Urteil nichts daran ändert, dass nach § 50 Urheberrechtsgesetz Werke für die Berichterstattung unter bestimmten Umständen fotografiert und/oder gefilmt werden dürfen:
§ 50 Berichterstattung über Tagesereignisse
Zur Berichterstattung über Tagesereignisse durch Funk oder durch ähnliche technische Mittel, in Zeitungen, Zeitschriften und in anderen Druckschriften oder sonstigen Datenträgern, die im Wesentlichen Tagesinteressen Rechnung tragen, sowie im Film, ist die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe von Werken, die im Verlauf dieser Ereignisse wahrnehmbar werden, in einem durch den Zweck gebotenen Umfang zulässig.
Kunstwerke können also zum Zweck der Berichterstattung über Tagesereignisse fotografiert oder gefilmt werden. Das kann gelten bei einer Ausstellungseröffnung im Museum oder bei der Rede eines Politikers in einer Örtlichkeit, in der sich auch Kunstwerke befinden und die deswegen geschützt sind. Auch wenn eine Akkreditierung und damit Erlaubnis des Museums für Foto und Film in solchen Fällen grundsätzlich ratsam ist, sind durchaus auch Konstellationen denkbar, in denen Journalistinnen und Journalisten solche Bilder auch ohne vorherige Genehmigungsprozedur "einfach so" anfertigen können. Allerdings gilt für das "Abfotografier-"/"Abfilmprivileg", dass solche Bilder nur zur Tagesberichterstattung verwendet werden dürfen. Während das Foto also in der Zeitung bzw. Online-Ausgabe erscheinen darf, sollte es nicht noch weiterhin im Nachrichtenarchiv der Onlinezeitung zugänglich bleiben. Der Bundesgerichtshof hat eine solche Archivnutzung bereits in einem anderen Urteil für unzulässig erklärt, weil der § 50 das nicht mehr erlaube.
Fraglich ist auch, ob das Verbot der Verwendung von Fotos aus Publikationen aktuell noch gilt. Denn der Bundesgerichtshof dürfte sich eigentlich nur dazu geäußert haben, was nach der Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung des unteren Gerichts gegolten hatte. Doch trat nach dieser Entscheidung am 1. März 2018 der neue § 51 Satz 3 Urheberrechtsgesetz in Kraft. Er regelt das Zitatrecht neu. Konkret gilt:
Von der Zitierbefugnis gemäß den Sätzen 1 und 2 umfasst ist die Nutzung einer Abbildung oder sonstigen Vervielfältigung des zitierten Werkes, auch wenn diese selbst durch ein Urheberrecht oder ein verwandtes Schutzrecht geschützt ist.
Die Regelung erlaubt es im Falle eines zulässigen Bildzitates, dass ein Foto des zitierten Werkes ohne Weiteres genutzt werden kann, d.h. die oder der Urheber/in muss gar nicht gefragt und nicht einmal honoriert werden. Damit wäre eine Wikipedia-Nutzung zulässig, wenn sich ein Eintrag genau mit dem Werk befasst, das abgebildet wird. Umgekehrt wäre sie unzulässig, wenn das Bild nur als nette "Dekoration" in einem Beitrag erscheint, in dem es gar nicht um das Bild an sich geht. Auch eine unspezifische Wikimedia-Nutzung wäre unzulässig, weil dort ein Bild noch ganz ohne konkreten Verwendungszweck und zum Gebrauch durch jede/n und zu praktisch jedem Zweck erlaubt wird.
Etwas vertrackter wird die Beurteilung dieser Frage dadurch, dass die Kunstwerke schon gemeinfrei waren. Damit ist der § 51 Urheberrechtsgesetz auf diese Werke im Prinzip gar nicht anwendbar. Insofern könnte wiederum argumentiert werden, dass die Ausnahme in § 51 Satz 3 Urheberrechtsgesetz nur die Verwendung des Fotos eines noch vom Urheberrecht geschützten Werkes erlaubt, nicht aber eines Fotos, das ein gemeinfreies Werk zeigt. Natürlich wäre wiederum denkbar, dass ein Gericht eines Tages eine analoge Anwendung des § 51 Satz 3 Urheberrechtsgesetz für möglich hält und die erlaubnisfreie Nutzung auch des Fotos eines gemeinfreien Bildes möglich wäre.
Aus diesem Grund ist zunächst einmal abzuwarten, bis das vollständige Urteil vorliegt. Was tatsächlich verboten oder erlaubt ist, wird eventuell auch erst die weitere rechtswissenschaftliche Diskussion und unter Umständen auch erst ein weiteres Urteil bringen.
Für diejenigen, die von der Fotografie leben wollen, bleibt die Regelung des des § 51 Satz 3 Urheberrechtsgesetz in jedem Falle problematisch. Mitglieder, die diese Bestimmung für unfair halten, weil sie unter bestimmten Umständen keine Honorierung bedeuten kann, können in dieser Frage Kontakt zum DJV aufnehmen.
Michael Hirschler, hir@djv.de