Volker Wissing
Austern, überbacken
Volker Wissing: unter Druck. Foto: Bundesregierung / Jesco Denzel
Bundesverkehrsminister Volker Wissing wurde mit dem Negativpreis "Verschlossene Auster" des Netzwerks Recherche ausgezeichnet. Sein Ministerium wehrt sich - und macht es für den Ressortchef nur noch schlimmer.
BMDV aktuell heißt die Übersichtsseite des Bundesverkehrsministeriums, die die zahlreichen Pressemitteilungen des Hauses in chronologischer Reihenfolge mit Fotos auflistet. Die Seite wirkt wie ein Wimmelbild: Es wimmelt von Fotos des Bundesministers für Digitales und Verkehr, Dr. Volker Wissing. Und die Texte reihen eine Jubelmeldung an die andere: "Mit der Generalsanierung machen wir die Bahn wieder fit", "Investitionen in Verkehr sind gesichert", "Gigabitstrategie greift." Und so weiter, und so fort.
Volker Wissings Abteilung Presse/Digitale Kommunikation, ausweislich der Selbstdarstellung auf der Seite des Ministeriums stattliche 12 Köpfe stark, steht offenbar ganz in der Tradition von Wissings Amtsvorgänger Andreas Scheuer (CSU), der sich als Hans Dampf in allen Gassen der Merkel-Regierung profilierte, bis die Pkw-Maut ihren dunklen Schatten über seine Heldentaten warf. In der Pressestelle installierte Scheuer damals ein "Nachrichten-Zimmer", was für Erheiterung in der Journalistenszene sorgte. Der gängige Begriff Newsroom war dem Bayern Scheuer offenbar zu angelsächsisch. Als das Schmunzeln verzogen war, stellte sich heraus, dass die umtriebige PR-Truppe des Verkehrsministers am wenigsten darauf aus war, kritische Journalistenfragen zu beantworten, sondern lieber bunte Nebelbomben zu werfen.
Empfindliche Reaktionen auf Kritik haben sich seitdem zum Markenzeichen des Verkehrsministeriums gemausert. Auf Recherchen des Handelsblatts reagierte das Haus so aggressiv, dass sich Volker Wissing seit Samstag als Träger der Verschlossenen Auster von Netzwerk Recherche rühmen kann. Dafür bleibt ihm kaum Zeit, denn das ZDF-Magazin Frontal hat über exklusive VIP-Meetings berichtet. Waren Termine mit dem Minister käuflich? Diese Frage steht seit wenigen Tagen im Raum. Natürlich nicht, Schuld sei ein privater Verein, kontert seine Pressestelle. Doch damit nicht genug: Gestern schließlich erschien auf Spiegel online die Kolumne "Warum ist Volker Wissing noch Minister?" mit der Dachzeile "Pannen, Pleiten und Skandale". Dazu gibt es bisher noch keine Entgegnung von Wissings munterer PR-Truppe.
Alles nur das übliche Skandal-Spiel aus der Berliner Politikblase? Was inhaltlich an den Vorwürfen gegen den Minister ist, muss aufgeklärt werden. Aber dafür sind Fakten notwendig und nicht Jubelmeldungen und Nebelbomben. Und erst recht nicht Druck auf recherchierende Journalisten mit dem Ziel, den Hausherrn nicht zum Gegenstand schlechter Nachrichten zu machen.
Vielleicht finden Volker Wissing und seine Getreuen ja doch noch zum fairen Umgang mit Journalistinnen und Journalisten. Es wäre ihnen zu wünschen.
Ein Kommentar von Hendrik Zörner