Anfrage
551 Messerstiche ins Herz der Demokratie

Was Friedrich Merz von Menschen hält, die sich für unsere Demokratie und gegen rechte Kräfte einsetzen, hat er kurz vor der Wahl bewiesen. Als “Spinner”, die “nicht alle Tassen im Schrank” haben, beschimpfte der Kanzlerkandidat der CDU/CSU jene, die von ihren demokratischen Rechten Gebrauch machten.
Mit ihrer Kleinen Anfrage an die Bundesregierung teilt seine Fraktion nun in 551 Fragen zur “Politischen Neutralität staatlich geförderter Organisationen” weiter aus. Ziel dieses Mal: Gemeinnützige Organisationen, die der eigenen politischen Agenda zu unbequem werden. Eine Drohgebärde, die ihres Gleichen sucht.
Die “Omas gegen Rechts” nennt die Anfrage als “besonders umstrittenes Beispiel”. 34 Fragen befassen sich allein mit CORRECTIV. Klar, Faktenchecks sind natürlich echt unangenehm, vor allem, wenn ich selbst gern mit Desinformationen provoziere, wie jüngst Friedrich Merz zu den Demonstrationen nach dem Mord an Walter Lübcke. Netzwerk Recherche, die Amadeu Antonio Stiftung, die Deutsche Umwelthilfe e.V., Greenpeace e.V., ... - die Liste der in dieser Anfrage angegriffenen Organisationen ist lang. “Wann wurde die Gemeinnützigkeit des Vereins Neue deutsche Medienmacher*innen e.V. letztmalig durch das zuständige Finanzamt geprüft?” lautet eine Frage, es folgen Fragen nach der Verbindung zu politischen Akteuren, nach der Unterstützung von Demonstrationen.
Wir haben auch Fragen. Zwar nicht 551, aber doch einige. Ist es Zufall, dass ausgerechnet diejenigen, die sich für Demokratie, Faktenchecks, Umwelt und Nachhaltigkeit einsetzen, unter die Lupe genommen werden sollen? Das gemeinnütziger Journalismus angegriffen wird, dessen Recherchen die Aufgabe der vierten Säule der Demokratie erfüllen? Dass ihre Gemeinnützigkeit und Förderwürdigkeit infrage gestellt wird, während beispielsweise die Konrad-Adenauer-Stiftung nicht in der Anklageschrift, pardon der Fragenbibel stehen?
Die Parallelen zu amerikanischen Ereignissen sind offensichtlich. Und damit zeigt diese Fraktion ihr wahres Gesicht. Was kommt als nächstes? Ein Gesetzentwurf, nach dem nur noch staatlich gefördert wird, wer sich nicht wagt, unsere Verfassung zu verteidigen? Wer den regierenden Parteien gefällt? Hatten wir alles schon. Wollen wir nicht wieder.
Wir erwarten von der amtierenden Bundesregierung, dass sie sich diesem erschreckenden Papier entschieden entgegenstellt und den Autor:innen eine Nachhilfestunde in Sachen demokratischer Grundordnung geben.
Und zwar jetzt.
Ein Kommentar von Mariana Friedrich und Ute Korinth