Presserechtlicher Auskunftsanspruch bei Bundesbehörden
Journalist:innen haben die Aufgabe, Informationen zu beschaffen, einzuordnen und zu verbreiten und so am gesamtgesellschaftlichen Meinungsbildungsprozess mitzuwirken. Dafür sind sie auch auf Informationen angewiesen, die ihnen nur Behörden zur Verfügung stellen können.
Während es in den Ländern seit Jahrzehnten etablierte Landespressegesetze gibt, die es Journalist:innen ermöglichen, an wichtige Behörden-Informationen zu gelangen, fehlt noch immer ein Bundesgesetz, das einen presserechtlichen Informationsanspruch gegenüber Bundesbehörden vorsieht. Dabei hat das Bundesverwaltungsgericht schon vor über zehn Jahren festgestellt, dass dieser fehlt. Bis dahin wurden Ansprüche gegenüber Bundesbehörden auf die Landespressegesetze gestützt. Nun müssen sich Journalist:innen unmittelbar auf die Verfassung (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) berufen, wenn sie Auskunft verlangen wollen.
Das führt in der Praxis zu erheblicher Rechtsunsicherheit sowohl bei den Medien als auch bei den Behörden. Denn Journalist:innen, die wissen wollen, was ihr Recht ist, können nicht einfach das Gesetz aufschlagen, sondern müssen sich durch viele Urteile arbeiten. Diese Unsicherheit und die damit verbundenen Kosten zur Durchsetzung von Informationsansprüchen gefährden die sorgfältige Recherche und damit die Pressefreiheit. Es braucht daher ein entsprechendes Gesetz.
Wie das ausgestaltet werden könnte, hat der DJV bereits sehr konkret formuliert und in Form eines Gesetzesvorschlags der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) unterbreitet.
Der Umfang des Anspruchs sollte sich auf alle Auskunftsformen (unmittelbare Auskunft, Einsichtnahme oder Übersendung von Kopien) sowie sämtliche bestehende Informationen einer Bundesbehörde beziehen und deshalb auch Medien-Informationsanspruch und nicht mehr Auskunftsanspruch heißen. Der Informationsanspruch muss den Vertreter:innen aller Medien zustehen. Anspruchsberechtigt sind Journalist:innen der Presse, des Rundfunks [Radio, Fernsehen] ebenso wie solche vom Film oder journalistisch-redaktioneller Onlinemedien. Der Kreis der anspruchsberechtigten Vertreter:innen muss weit gezogen werden und sich auf alle erstrecken, die an der Erfüllung der öffentlichen Aufgabe der Medien mitwirken und daher Behördeninformationen benötigen. Auch freie Journalist:innen haben selbstverständlich das Recht, Informationen von Behörden zu verlangen. Verweigerungsgründe können nur Geheimhaltungsvorschriften sein, die Belange von schwebenden Gerichtsverfahren, schutzwürdige öffentliche Interessen oder Interessen Dritter, wenn sie im Einzelfall überwiegen, wobei diese immer mit der grundgesetzlichen Freiheit des Artikel 5 in Verhältnis zu setzen sind. Um das Verfahren zu beschleunigen und um die Recherchetätigkeit nicht zu vereiteln, wird auf die Anhörung oder Beteiligung Dritter in der Regel verzichtet. Verfassungsrechtlich ist eine Anhörungspflicht weder erforderlich noch zulässig (BVerwG, Urteil vom 8. Juli 2021, Az. 6 A 10.20). Anspruchsgegner sind alle Bundesbehörden. Zur Bestimmung des Behördenbegriffs ist auf den von der Rechtsprechung entwickelten funktionell-teleologischen Behördenbegriff zurückzugreifen, so dass auch die Stellen der Judikative und der Legislative, soweit sie Verwaltungstätigkeiten ausüben, in der Pflicht sind. Der Anspruch kann sich außerdem gegen juristische Personen des Privatrechts richten, wenn sie von der öffentlichen Hand beherrscht und zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben, namentlich im Bereich der Daseinsvorsorge, eingesetzt werden (BVerwG, Urteil vom 26. April 2021, Az. 10 C 1.20). Ein Antrag kann in jeglicher Form (schriftlich, elektronisch, mündlich oder telefonisch) gestellt werden und muss von der Behörde unverzüglich entschieden werden. Die Behörden dürfen keine Kosten erheben. Bei der Vergabe oder der Erteilung von Informationen oder amtlichen Bekanntmachungen an Vertreter:innen der Medien durch Behörden des Bundes ist von diesen der Grundsatz der Gleichbehandlung zu beachten. Insbesondere können Journalist:innen verlangen, dass ihnen amtliche Bekanntmachungen nicht später als ihren Mitbewerber:innen zugeleitet werden. Außerdem sind Informationszugangsanträge in der Abfolge der Antragstellung zu bearbeiten. Im Eilrechtsverfahren wird die Dringlichkeit vermutet, es bedarf daher keiner Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrunds. Der Antrag darf nur im Ausnahmefall mit dem Argument der Vorwegnahme der Hauptsache zurückgewiesen werden, wenn andernfalls ein irreparabler und erheblicher Schaden an einem Rechtsgut, das zur Auskunftsverweigerung verpflichtet, eintreten würde.
Die Vereinfachung der Verlagerung ins Eilrechtsschutzverfahren ist notwendig, da sich im Fall einer Stattgabe ein Hauptsacheverfahren regelmäßig erledigt.
Der DJV fordert die Bundesregierung auf, einen Medien-Informationsanspruch zeitnah zu etablieren. Die Pressefreiheit ist kein unwichtiges B-Thema, das zehn Jahre lang warten kann. Pressefreiheit ist essenzieller Bestandteil unsere Demokratie.
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